Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmtheit eines dynamisierten Unterhaltstitels i.S.d. § 612a BGB
Leitsatz (amtlich)
Es reicht aus, dass im Falle eines dynamisierten Unterhaltstitels i.S.d. § 1612a BGB der zu vollstreckende Unterhaltsanspruch durch Angabe des Prozentsatzes des jeweiligen Regelbetrages unter Abzug des gesetzlichen Kindergeldanteils angegeben wird.
Normenkette
BGB §§ 1612a, 1612b Abs. 5; ZPO § 647 Abs. 1 Sätze 2, 2 Nr. 1c
Verfahrensgang
AG Pößneck (Urteil vom 11.06.2004; Aktenzeichen F 54/04) |
Tenor
Der Klägerin wird Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz verweigert.
Gründe
Das AG Pößneck hat mit Urt. v. 11.6.2004 den Beklagten verurteilt, an die Klägerin für die minderjährigen Kinder, Da., geboren am 10.3.2001 und De., geboren am 17.11.2002, einen Unterhaltsrückstand für die Zeit v. 1.11.2003 bis 31.1.2004 i.H.v. 602 Euro sowie ab dem 1.2.2004 einen monatlich, jeweils bis zum Dritten eines jeden Monats im voraus zahlbaren Unterhalt i.H.v. 100 % der jeweiligen Regelbeträge nach § 2 der Regelbetragsverordnung abzgl. des jeweiligen anteiligen Kindergeldes gem. § 1612b Abs. 5 BGB für das Kind Da. v. 1.2.2004 bis 28.2.2007 der 1. Altersstufe, v. 1.3.2007 bis 28.2.2013 der 2. Alterstufe und ab dem 1.3.2013 der 3. Alterstufe und für das Kind De. v. 1.2.2004 bis 31.10.2008 der 1. Alterstufe, v. 1.11.2008 bis 31.10.2014 der 2. Alterstufe und ab dem 1.11.2014 der 3. Alterstufe zu zahlen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie eine Unterhaltsfestsetzung entsprechend ihren erstinstanzlichen Anträgen begehrt.
Sie führt an, sie habe bereits vor dem AG beantragt, bei den jeweiligen Altersstufen 1 den derzeitigen Kindergeldabzug von 12 Euro und bei den Altersstufen 2 und 3 keinen Abzug zu tenorieren. Dem sei das AG nicht nachgekommen, sondern habe - entgegen der Antragstellung - davon abgesehen, das jeweils abzuziehende staatliche Kindergeld betragsmäßig zu beziffern und zur Begründung ausgeführt, wie der Kindergeldabzug sich entwickeln werde, sei nicht absehbar und mit betragsmäßigen Angaben werde für den Fall notwendiger Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eher Verwirrung als Klarheit geschaffen.
Ihre Berufung sei auch zulässig und die Beschwer von mehr als 600 Euro werde erreicht, dies folge insb. daraus, dass das angefochtene Urteil im Unterhaltsausspruch keinen vollstreckungsfähigen Inhalt habe, weil die dort vorgenommene Kindergeldanrechnung (§ 1612b Abs. 5 BGB) zu unbestimmt sei. Aus dem Wortlaut der Bestimmung zu § 655 ZPO ergebe sich, dass nach dem Willen des Gesetzgebers in Vollstreckungstiteln, die auf wiederkehrende Unterhaltsleistungen gerichtet seien, der - jeweils maßgebende - Betrag, der nach den Bestimmungen zu § 1612b und § 1612c BGB anzurechnenden Leistungen festgelegt sein müsse, entsprechendes gelte nach Art. 5, § 3 S. 3 des KinduG v. 6.4.1998 für die Umstellung von Alttiteln auf das seit dem 1.7.1998 geltende neue Unterhaltsrecht. Das klagende Kind sei dadurch beschwert, dass die Vorinstanz seinen Titulierungsanspruch nicht erfüllt habe.
Das anzurechnende Kindergeld müsse betragsmäßig ausgewiesen werden, um einen vollstreckbaren Titel zu schaffen und die Höhe erkennbar sein, um eine Anpassung ausschließlich folgend aus § 655 ZPO zu ermöglichen.
Die Berufung hat nach dem gegenwärtigen Sachstand keine Aussicht auf Erfolg; der Klägerin ist daher Prozesskostenhilfe zu verweigern (§ 114 ZPO).
Die Frage der "Dynamisierung" der Kindergeldanrechnung ist umstritten. In der Rechtsprechung wird die Ansicht vertreten (OLG Düsseldorf v. 28.5.2001 - 8 UF 46/01, FamRZ 2001, 1096 [1098]; OLG Naumburg Neu Justiz 2004, 38) eine beitragsmäßige Festlegung sei erforderlich, da das angefochtene Urteil ansonsten keinen vollstreckungsfähigen Inhalt habe. Nach dem Willen des Gesetzgebers müsse ein Vollstreckungstitel, der auf wiederkehrende Unterhaltsleistungen gerichtet sei, den jeweils maßgeblichen Betrag der nach den Bestimmungen zu §§ 1612b und 1612c BGB anzurechnenden Leistungen erkennen lassen, weil der zu vollstreckende Betrag vom Vollstreckungsorgan oder Drittschuldner allein aufgrund des Titels berechnet werden müsse.
Der Senat schließt sich der in der Rechtsprechung vertretenen Ansicht (OLG Düsseldorf v. 14.1.2002 - 1 UF 219/01, OLGReport Düsseldorf 2002, 235 = MDR 2002, 701 = FamRZ 2002, 1046 [1047]; OLG Jena FuR 2001, 40) an, dass eine am Gesetzestext orientierte, "dynamisierte" Formulierung des Vollstreckungstitels für die Vollstreckungsinstanz hinreichend bestimmt sei. Es reicht damit, dass im Falle eines dynamisierten Unterhaltstitels i S des § 1612a BGB der zu vollstreckende Unterhaltsanspruch durch Angabe eines Prozentsatzes des jeweiligen Regelbetrages unter Abzug des gesetzlichen Kindergeldanteiles angegeben wird.
Ein Zahlungsanspruch ist hinreichend bestimmt, wenn er betragsmäßig festgelegt ist oder sich ohne weiteres errechnen lässt. Es ist in diesem Zusammenhang von jeher anerkannt, dass es für die Bestimmbarkeit ausreicht, dass das Vollstreckungsorgan die zu erzwingende Leistu...