Verfahrensgang
LG Erfurt (Beschluss vom 18.06.2003; Aktenzeichen 3 O 298/03) |
Nachgehend
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 7.7.2003 gegen den Beschluss des LG Erfurt vom 18.6.2003 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.
3. Wert der Beschwer: bis 2.000 EUR
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klageschrift des Klägers vom 6.2.2003 ist am 11.2.2003 bei Gericht eingegangen. Der Klageschrift war ein Verrechnungsscheck beigefügt. Mit Verfügung vom 14.2.2003 wurde die Zustellung der Klageschrift angeordnet. Laut Zustellungsurkunde erfolgte die Zustellung an den Beklagten am 20.2.2003. Mit Schriftsatz vom 28.2.2003, eingegangen bei Gericht am 3.3.2003 zeigten die Beklagtenvertreter ihre Vertretung an und erklärten Verteidigungsabsicht. Mit Verfügung vom 4.3.2003, ausgeführt am 5.3.2003, wurde die Übersendung einer Abschrift des Schriftsatzes an die Klägerseite angeordnet.
Mit Schriftsatz vom 5.3.2003, eingegangen bei Gericht am 6.3.2003, wurde seitens des Klägers erklärt, dass am 3.3.2003 der Vater des Beklagten Zahlung u.a. auf die streitgegenständlichen Forderungen geleistet habe. Weiter heißt es: "Vor diesem Hintergrund wird die Klage hiermit zurückgenommen und Antrag gem. § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO gestellt." Mit Schriftsatz vom 27.3.2003 beantragte die Beklagtenseite, die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger aufzuerlegen.
Mit Schriftsatz vom 14.4.2003, eingegangen per Fax am gleichen Tag, wurde klägerseits "analog § 290 ZPO die Klagerücknahme aufgrund des Vorliegens eines Irrtums widerrufen." Stattdessen wurde der Rechtsstreit für erledigt erklärt. Gegebenenfalls sei die Erklärung vom 5.3.2003 in eine Erledigungserklärung umzudeuten oder auszulegen.
Mit Beschluss vom 18.6.2003 hat das LG dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt, da er die Klage zurückgenommen habe.
Zur Begründung führte das LG aus, dass die Rücknahmeerklärung eindeutig sei und als Bewirkungshandlung auch nicht widerruflich.
Zudem sei sie nicht auslegungsfähig. Die Vorlage eines offensichtlichen Irrtums sei nicht ersichtlich. Es sei zudem nicht zulässig, einer eindeutigen Erklärung nachträglich den Sinn zu geben, der dem Interesse des Erklärenden am besten entspricht.
Mit Schriftsatz vom 7.7.2003, eingegangen bei Gericht per Fax am gleichen Tag, hat der Kläger sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass ein offensichtlicher Irrtum des Klägers klar erkennbar sei. Er sei offensichtlich zum Zeitpunkt der Rücknahmeerklärung davon ausgegangen, dass die Zahlung vor Rechtshängigkeit erfolgt ist. Zudem sei die Erklärung auslegungsfähig. Aus der Erklärung habe sich eindeutig ergeben, dass der Rechtsstreit zu beenden und die Kosten des Rechtsstreits der Beklagtenseite aufzuerlegen seien.
Zudem setze sich das LG in klaren Widerspruch zur Intention des Gesetzgebers. Erklärtes Ziel der Reform des § 269 ZPO sei gewesen, dem Kläger, dessen Klage sich "erledigte", eine leichtere Möglichkeit zu geben, in den Besitz eines Kostentitels zu gelangen.
Mit Beschluss vom 29.7.2003 hat das LG der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Jena zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung wurde angeführt, der Beschwerdeschriftsatz des Klägers rechtfertige nach Auffassung der Kammer keine andere Entscheidung. Im Übrigen wurde auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses hingewiesen.
II. Die Beschwerde des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet.
Ein Widerruf der Klagerücknahmeerklärung wegen Irrtums analog § 290 ZPO konnte nicht wirksam erfolgen. Eine analoge Anwendung des § 290 ZPO auf eine Klagerücknahmeerklärung, die eine Prozesshandlung darstellt, ist nicht möglich. § 290 ZPO bezieht sich auf den Widerruf eines der Wahrheit nicht entsprechenden, irrtümlich abgegebenen gerichtlichen Geständnisses. Das Geständnis betrifft den tatsächlichen Streitstoff, der im Regelfall die Grundlage der Sachentscheidung bildet. Eine Klagerücknahme, die bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung erklärt wird, hat gem. § 269 Abs. 3 S. 1 ZPO zur Folge, dass der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen ist.
Nach dem verfahrensrechtlichen Grundsatz wird die Wirksamkeit von Prozesshandlungen infolge eines Irrtums des Handelnden nicht berührt - so kommt eine analoge Anwendung des § 290 ZPO auch nicht auf eines prozessualen Anerkenntnisses in Betracht (vgl. BGH v. 27.5.1981 - IVb ZR 589/80, MDR 1981, 924 = NJW 1981, 2193 ff.).
Insoweit führt der Kläger im Schriftsatz vom 4.9.2003 richtig aus, dass die Klagerücknahme als solche eine unbedingt abzugebende Prozesshandlung ist, da feststehen muss, ob (noch) Rechtshängigkeit besteht oder nicht.
Ein Widerruf einer Prozesshandlung wäre (nur) dann möglich, wenn die Prozesshandlung von einem Restitutionsgrund i.S.d. § 580 ZPO betroffen ist, was vorliegend unzweifelhaft nicht der Fall ist.
Auch eine Umdeutung bzw. Auslegung der Widerrufserklärung in eine Erle...