Entscheidungsstichwort (Thema)
Investitionszuschlag für die Krankenhausbehandlung in den NBL ist keine Sozialleistung im Sinne der SGB I und X
Leitsatz (amtlich)
I. Erbringt eine Krankenkasse für ihren Versicherten Krankenhausbehandlungskosten, dann geht der vom Krankenhaus mit der Behandlung in den neuen Bundesländern für jeden Tag des Krankenhausaufenthaltes gem. § 14 Abs. 8 Satz 1 BPflV, Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GSG zusätzlich berechnete Investitionszuschlag nicht kraft Gesetzes gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X auf den Sozialversicherungsträger über. Denn bei diesem Investitionszuschlag handelt es sich nicht um eine Sozialleistung i.S.d. §§ 11, 21 SGB I, die dem Versicherten unmittelbar zugute kommt, sondern um ein der Allgemeinheit zugute kommendes Finanzierungs-instrument.
II. Dem Investitionszuschlag fehlt aber nicht nur der Sozialleistungscharakter, sondern darüber hinaus auch die von § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X geforderte sachliche Kongruenz, weil der erhobene Zuschlag eben nicht der Schadensbehebung und der Wiederherstellung der Gesundheit dient, sondern als Finanzierungshilfe für die Krankenhäuser verwendet wird.
III. Schuldner des Investitionszuschlages sind die Benutzer des Krankenhauses oder ihre Kostenträger. Da die Kostenseite von dem privatrechtlichen (schuldrechtlichen) Behandlungsverhältnis völlig losgelöst, das (kostenrechtliche) Band zwischen Kassenpatient und Krankenkasse im Übrigen öffentlich-rechtlich - sozialrechtlich gem. §§ 1 ff. SGB V - geregelt ist, scheidet auch ein Gesamtschuldverhältnis nach §§ 421 BGB zwischen dem hier Leistungsverpflichteten und einem in dem Behandlungsverhältnis für eine ärztliche Fehlleistung haftenden Krankenhausträger aus.
Normenkette
SGB I §§ 11, 21; SGB X § 116 Abs. 1 S. 1; BPflV § 14 Abs. 8 S. 1; GSG Art. 14 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Gera (Urteil vom 25.03.2009; Aktenzeichen 2 O 190/08) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Gera vom 25.3.2009 - Az.: 4 U 353/09 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.930,35 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.12.2005 sowie weitere 229,55 EUR (vorgerichtliche Anwaltskosten) nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9.3.2008 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten der ersten Instanz trägt die Klägerin 4/5 und die Beklagte 1/5.
Die Kosten der zweiten Instanz trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beiden Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils gegnerischen Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. jeweils 110 % des vollstreckbaren Betrages/Kostenbetrages abzuwenden, wenn nicht die (vollstreckende) Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert der ersten Instanz bleibt bei 8.820,75 EUR; für die die zweite Instanz wird der Streitwert auf 6.013,40 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte im Zusammenhang mit einem ärztlichen Behandlungsfehler (grob fehlerhafte Geburtsleitung) aus übergegangenem bzw. abgetretenem Recht auf restlichen Schadensersatz in Anspruch.
Im Krankenhaus der Beklagten kam am 5.4.2003 das Kind D. J. C. zur Welt. Wegen einer durch die grob fehlerhafte Geburtsleitung erlittenen schweren Hirnschädigung musste das Kind bis zu seinem Tod im März 2006 stationär behandelt werden.
Für die gut dreijährige Behandlung hat die Beklagte der Klägerin - der (gesetzlichen) Krankenkasse des Kindes - rund 270.000 EUR in Rechnung gestellt.
Der überwiegende Teil der angefallenen und von ihr auch bezahlten Kosten ist der Klägerin später wieder erstattet worden; dass die Beklagte wegen des groben Behandlungsfehlers dem Grunde nach auf Schadensersatz haftet, steht außer Streit.
Verweigert hat die Beklagte lediglich die Erstattung stationärer Behandlungskosten i.H.v. 2.020,83 EUR (hier handele es sich um auch bei einer ordnungsgemäß verlaufenden Geburt anfallende Sowieso-Kosten) sowie die Erstattung der Kosten einer von ihr verordneten Kopforthese i.H.v. 288,32 EUR, eines 498,20 EUR teuren Privatgutachtens und des von ihr mit insgesamt 6.013,40 EUR berechneten Investitionszuschlages.
Nur um letztere Kosten bzw. deren Erstattung streiten die Parteien in der zweiten Instanz (noch); in Übrigen ist das erstinstanzliche Urteil vom 25.3.2009 (Bl. 98 ff.) in Rechtskraft erwachsen. Soweit das LG (Gera) also die zum Ersatz begehrten Gutachterkosten abgewiesen, bzw. die restlichen Behandlungskosten bis auf einen Teilbetrag von 378,80 EUR und die Hilfsmittelkosten für die Kopforthese zur Erstattung zugesprochen hat, ist dies nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.
Den in der zweiten Instanz nur (noch) streitgegenständlichen Investitionszuschlag hat das LG der Klägerin in der Gesamthöhe von 6.013,40 EUR zum Ersatz zugesprochen.
Zur Begründung heißt es insoweit im Urteil, dass "die Leistung berei...