Entscheidungsstichwort (Thema)

Testament

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Dass das Erbrecht einer Person sich auf etwas „bezieht” oder nicht „bezieht” ist kein Rechtsbegriff und kann nicht im Wege einer Klage festgestellt werden.

2. Restitutionsansprüche für die in der früheren DDR durch staatliche Maßnahmen rechtswidrig verlorenen Vermögenswerte nach dem am 29.09.1990 in kraft getretenen Vermögensgesetz entstandenen unmittelbar in der Person der zum Stichtag, dem 29.09.1990, Berechtigten oder in der Person seines Rechtsnachfolgers.

3. Der Begriff „Auslegung” setzt einen im Testament selbst zu findenden Anhalt für die behauptete oder ermittelte Willensrichtung des Erblassers voraus, auch wenn dieser Wille erst unter Heranziehung außerhalb des Testaments liegender Umstände oder der allgemeinen Lebenserfahrung endgültig festgestellt werden kann.

 

Normenkette

ZPO § 256 Abs. 1; VermG § 2; ZGB DDR § 372

 

Verfahrensgang

LG Erfurt (Urteil vom 25.03.1999; Aktenzeichen 7 O 3757/95)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Landgerichtes Erfurt vom 25.03.1999, Az.: 7 O 3757/95, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerinnen haben die Kosten der Berufung zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Klägerinnen wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 28.000,– DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

4. Der Wert der Beschwer für die Klägerinnen beträgt 266.667,00 DM.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob der Beklagten Rechte an einem oder auf ein bestimmtes Grundstück zustehen.

Die Parteien sind ausweislich des gemeinschaftlichen Erbscheins des Staatlichen Notariats Erfurt vom 30.01.1990 (Az.: 4-60-171-88) Erben nach dem am 30.11.1987 in Erfurt verstorbenen H. K. W. G. (künftig: Erblasser). Die Erbquote der Klägerinnen beträgt demnach jeweils 1/6, die der Beklagten 4/6. Der Erbschein beruhte auf dem privatschriftlichen Testament des Erblassers vom 16.02.1987 sowie dem testamentarischen Nachtrag vom 23.11.1987. Das Staatliche Notariat hatte hierfür die vorhandenen Nachlaßgegenstände bewertet, das Wertverhältnis in Quoten umgerechnet und diese im Erbschein ausgeworfen. Die Wertansätze waren, bezogen auf den Zeitpunkt des Erbfalles, richtig.

Die letztwilligen Verfügungen lauten wie folgt:

Testament

„Hiermit verfüge ich, daß nach meinem Ableben folgende Regelung meines Nachlasses getroffen wird:

Meine Frau, L. G. u. meine beiden Kinder, R. N. u. B. B., erhalten zu gleichen Anteilen die Vermögenswerte bestehend aus:

Grundstück und Haus in Schmiedefeld inbegriffen das Mobiliar, meine Bücher erhält komplett meine Tochter R. N.

Den Betrieb, S. dessen alleiniger Besitzer ich bin, erhält mit allen Rechten und Pflichten meine ltd. Mitarbeiterin Frau C. M. ohne finanzielle Verpflichtungen an meine Familie – d. h. die alleinige Verfügungsgewalt über die beweglichen und festliegenden Werte des Betriebes gehen an sie.

Ich verfüge, daß der Firmenname W. G. erhalten bleibt. Frau C. M. hat meinen Betrieb aufgebaut und schuldenfrei gemacht, an dieser Leistung hat meine Familie keinen Anteil gehabt, bzw. ich konnte meine Familie auf Grund dieser Leistung gut versorgen, so daß ich die Übergabe des Betriebes zu u. a. Zeitpunkt als Anerkennung und gleichzeitig als Garant für den Fortbestand des Betriebes betrachte.

Ich bitte darum, meinem letzten Willen nachzukommen und erkläre, dass ich diese Zeilen im Vollbesitz meiner körperlichen u. geistigen Kräfte niedergelegt habe.”

Erfurt 16/2.1987

W. G.

„Ich schätze das angegebene Vermögen auf 120.000 M.”

Erfurt 16/2.87

W. G.

Testamentsnachtrag zum Testament vom 16.02.1987

„Hiermit verfüge ich folgende Änderung meines Testaments:

Meine Tochter B. B. wird vom Erbe ausgeschlossen.

Die Vermögenswerte bestehend aus:

Grundstück und Haus in Schmiedefeld, einbegriffen das Mobiliar, gehen zu gleichen Teilen an meine Frau L. G. u. meine Tochter R. N.

In allen anderen Punkten bleibt das Testament gültig.”

Erfurt 23.11.1987

W. G.

Der Erblasser war Inhaber eines Betriebes, der Heckenscheren produzierte. Die Beklagte war Angestellte dieses Betriebes, zunächst in der Verwaltung. Sie arbeitete sich in der Folge in die Betriebsführung ein. Auf dem streitgegenständlichen Grundstück befand sich seine elterliche Wohnung. Es war alter Familienbesitz gewesen. Die Beklagte war in die Familie des Klägers aufgenommen worden und wohnte ebenfalls –mit streitiger Dauer– dort.

Am 29.11.1996 stellte Frau L. G. beim Amtsgericht Erfurt einen Antrag auf Einziehung, hilfsweise Kraftloserklärung, des streitgegenständlichen Erbscheines. Die Beklagte wurde am Verfahren beteiligt. Das Amtsgericht wies diesen Antrag mit Beschluss vom 14.05.1997 zurück. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die zur Akte gereichte Kopie (Anlage zum Schriftsatz der Klägerinnen vom 03.06.1997, Bl. 61, 62 Bd. I d. A.) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 24.09.1990 stellte die Klägerin zu 1. für sich und ihre Kinder (die Klägerin zu 2. und Frau B. B., geb. G.) sowie deren Abkömmli...

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