Leitsatz (amtlich)

Das Werben mit dem Begriff "Buchhalter" stellt eine zur Abgrenzung geeignete berufliche Bezeichnung dar, deren Verwendung dann nicht irreführend ist, wenn in Zusammenhang mit ihm keine oder nur zutreffende Angaben zum Tätigkeitsgebiete des Buchhalters nach §§ 6 Nr. 3 und 4 StBerG gemacht werden.

 

Normenkette

StBerG § 6 Nrn. 3-4, § 8 Abs. 4; UWG §§ 3, 4 Nr. 11, § 5 Abs. 2 Nr. 3, § 8 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Erfurt (Urteil vom 28.02.2008; Aktenzeichen 2 HKO 172/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Erfurt vom 28.2.2008 - 2 HKO 172/07, abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

unter Verwendung der Wortbestandteile "Buchhaltung" und/oder "Laufende Finanzbuchhaltung" bzw. "lfd. Finanzbuchhaltung" im Geschäftsverkehr aufzutreten, ohne zugleich die ihr erlaubten Tätigkeiten nach §§ 6 Nr. 3 und 4 StBerG im Einzelnen aufzuführen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits insgesamt werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. EUR 10.000 abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend. Sie ist Körperschaft des öffentlichen Rechts und die Berufskammer aller Steuerberater und Steuerbevollmächtigten, die im Bezirk der Oberfinanzdirektion Erfurt ihre berufliche Niederlassung haben. Die Beklagte ist nicht Mitglied der Klägerin und keine Angehörige der steuerberatenden Berufe. Sie betreibt unter der Bezeichnung "DATAC - Ihr Buchhalter" ein Büro in Weimar, für das sie folgende Dienstleistungen anbietet: "Bürodienstleistungen, Lfd. Lohnabrechnung, lfd. Finanzbuchhaltung". Dementsprechend warb die Beklagte 1.2.2007 für ihre Geschäftseröffnung mit folgender Anzeige:

Die Klägerin hat die Werbeangaben der Beklagten für eine wettbewerbsrechtlich unzulässige Überschusswerbung gehalten und die Beklagte erfolglos abgemahnt.

Sie hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes

1. unter Verwendung der Wortbestandteile "Buchhaltung" und/oder "Laufende Finanzbuchhaltung" (bzw. "lfd. Finanzbuchhaltung") im Geschäftsverkehr aufzutreten, ohne zugleich die ihr ggf. erlaubten Tätigkeiten im Einzelnen aufzuführen (§ 8 Abs. 4 StBerG).

2. mit der Werbeaussage "Ihr Buchhalter" - ohne zugleich die ihr ggf. erlaubten Tätigkeiten im Einzelnen aufzuführen (§ 8 Abs. 4 StBerG) - im Geschäftsverkehr aufzutreten.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes sowie des ergänzenden Parteivortrages erster Instanz wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das LG hat der Klage in vollem Umfange stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.

Sie rügt die Aktivlegitimation der Klägerin sowie die Unbestimmtheit der Antragstellung. Außerdem vertritt sie die Auffassung, jedenfalls unter Berücksichtigung der Änderung von § 8 Abs. 4 StBerG sei der Unterlassungsanspruch nicht begründet, weil er nicht mehr auf § 4 Nr. 11 UWG gestützt werden könne. Zu einer Irreführung habe die Klägerin nicht ausreichend vorgetragen. Jedenfalls sei der von ihr - unstreitig - in Zusammenhang mit ihrem Tätigkeitsangebot aufgenommene Zusatz "§ 6 Ziff. 3 und 4 Steuerberatungsgesetz" zur Ausräumung einer Irreführungsgefahr ausreichend.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

II. Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg.

1. Aus zutreffenden Erwägungen heraus hat das LG angenommen, dass die Klägerin als Kammer der freien Berufe der Steuerberater zur Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche sachbefugt ist. Die Anspruchsberechtigung folgt aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG (zu § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F.: BGH GRUR 2002, 77, 78 - Rechenzentrum). Die Kammern freier Berufe sind Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen im Sinne der genannten Bestimmung, da sie ungeachtet ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgabenstellung auch die beruflichen Belange ihrer Mitglieder zu wahren und zu fördern haben. Daran haben sowohl Änderungen des Steuerberatergesetzes als auch des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb nichts geändert. Die mit der Sachbefugnis einhergehende Wahrung von Gesamtinteressen steht auch in Einklang mit verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl. BVerfG NJW 2004, 3765, 3766). Die...

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