1 Leitsatz

Miteigentumsanteile können isoliert innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft durch Auflassung übertragen werden. Bei einer Vergrößerung des Miteigentumsanteils erstrecken sich die auf dem Miteigentumsanteil lastenden Grundpfandrechte kraft Gesetzes auf den hinzukommenden Miteigentumsanteil.

2 Normenkette

§§ 929, 873 BGB

3 Das Problem

In einer Wohnungseigentumsanlage gibt es 11 Eigentümer. Diese einigen sich, dass das für die Teileigentümerin 2 eingetragene Sondereigentum gemeinschaftliches Eigentum wird und der ihr zustehende Miteigentumsanteil von 12,86/1.000stel anteilig auf die anderen Wohnungseigentümer übertragen wird. Das Grundbuchamt will das so nicht eintragen. Erstens sei für die übertragenen Miteigentumsanteile eine Nachverpfändung der in den anderen Grundbüchern eingetragenen Grundpfandrechte erforderlich. Zweitens müssten sich die betroffenen Wohnungseigentümer auch insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwerfen (§ 800 ZPO). Drittens seien Unbedenklichkeitsbescheinigungen nachzureichen. Die Wohnungseigentümer 1 und 3 bis 11 reichen aus diesem Grund Unbedenklichkeitsbescheinigungen nach. Im Übrigen machen sie nichts und legen gegen die Entscheidung des Grundbuchamts Beschwerde ein.

4 Die Entscheidung

Mit Erfolg! Nach allgemeiner Ansicht sei es zulässig, Miteigentumsanteile ohne Sondereigentum von einem auf einen anderen Wohnungseigentümer zu übertragen. Die Belastungen des gewinnenden Wohnungseigentums würden sich auf den übernommenen Miteigentumsanteil kraft Gesetzes erstrecken. Denn der BGH sehe die Änderung der mit einem bestimmten Sondereigentum verbundenen Miteigentumsquote als Inhaltsänderung i. S. d. § 877 BGB an (Hinweis auf BGH, Urteil v. 18.6.1976, V ZR 156/75, NJW 1976 S. 1976). Da die Erstreckung der Grundpfandrechte auf den hinzugewonnenen Miteigentumsanteil für die Grundpfandrechtsgläubiger rechtlich vorteilhaft sei, müssten diese auch nicht zustimmen. Auch eine erneute Unterwerfungserklärung (§ 800 ZPO) sei deshalb entbehrlich.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall geht es im Kern um die Frage, ob sich die Belastungen des gewinnenden Wohnungseigentums kraft Gesetzes auf den übernommenen Miteigentumsanteil erstrecken.

Streitstand

Diese Frage ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Während einige es wie das OLG Hamm sehen (beispielsweise LG Wiesbaden, Beschluss v. 8.1.2004, 4 T 652/03, Rpfleger 2004 S. 350; DNotI-Report 2015 S. 49), halten manche – wie das Grundbuchamt – eine Nachverpfändung für erforderlich ist (z. B. BayObLG, Beschluss v 26.9.1958, 2 Z 104/58, Rpfleger 1959 S. 277). Ich selbst habe für einen "Automatismus" Sympathien.

6 Entscheidung

OLG Hamm, Beschluss v. 29.11.2022, 15 W 271/22

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