2.3.1 Grundsätze

Ist an vermieteten Wohnräumen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet und das Wohnungseigentum veräußert worden, so kann sich ein Erwerber gemäß § 577a Abs. 1 BGB auf berechtigte Interessen im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 BGB erst nach Ablauf von 3 Jahren seit der Veräußerung berufen. Abgestellt wird allerdings nicht auf den Zeitpunkt der Veräußerung, also den Zeitpunkt des Abschlusses des schuldrechtlichen Vertrags, sondern auf den Zeitpunkt der Eintragung des Erwerbers als Eigentümer im Grundbuch.[1] Im Fall des Erwerbs in der Zwangsversteigerung stellt den maßgeblichen Zeitpunkt der Zuschlag dar.[2] Zu berücksichtigen ist stets auch ein etwa vereinbarter Kündigungsausschluss.

 
Praxis-Beispiel

Vereinbarter Kündigungsausschluss

In einem am 1.7.2018 abgeschlossenen Mietvertrag ist vereinbart, dass das Recht zur ordentlichen Kündigung für beide Parteien für die Dauer von 3 Jahren ausgeschlossen sein soll. Die Wohnung wird in der Folgezeit in eine Eigentumswohnung umgewandelt und veräußert. Der Erwerber wird am 20.9.2020 ins Grundbuch eingetragen. Die vertragliche Sperrfrist (3 Jahre) endet am 30.6.2021. Die gesetzliche Sperrfrist (3 Jahre) beginnt am 20.9.2020 und endet am 19.9.2023. Der Erwerber kann ab 20.9.2023 unter Beachtung der gesetzlichen Kündigungsfrist kündigen. Diese beträgt nach § 573c Abs. 1 Satz 2 BGB 6 Monate, da das Mietverhältnis bereits 5 Jahre seit Überlassung des Wohnraums besteht. Eine vorherige Kündigung zum Ende des vereinbarten Kündigungsausschlusses ist nicht zulässig. Wird die Kündigung am 20.9.2023 erklärt, so endet das Mietverhältnis am 31.3.2024 (§ 573c Abs. 1 Satz 2 BGB). Der Mieter kann frühestens am 1.7.2021 (Ablauf der vertraglichen Sperrfrist) unter Beachtung der Kündigungsfrist des § 573c Abs. 1 Satz 1 BGB kündigen.

[1] AG Stuttgart, Urteil v. 23.4.1999, 31 C 1857/99, WuM 1999 S. 462.
[2] AG Münster, Urteil v. 4.10.2017, 96 C 1428/17, WuM 2018 S. 41.

2.3.2 Verlängerte Sperrfrist

Bei einer besonderen Gefährdung für die ausreichende Versorgung der Bevölkerung in bestimmten Gemeinden mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen, können die Landesregierungen durch Rechtsverordnung für die Dauer von jeweils höchstens 10 Jahren eine verlängerte Sperrfrist bestimmen. Nachdem die entsprechende Verordnung in Baden-Württemberg seit 1.7.2020 außer Kraft ist und diejenige für Bayern seit 1.8.2020 ebenfalls außer Kraft getreten ist, haben derzeit noch folgende Bundesländer von ihrer Ermächtigungskompetenz Gebrauch gemacht:

  • Berlin – 10 Jahre aufgrund Verordnung im Sinne des § 577a Absatz 2 BGB über den verlängerten Kündigungsschutz bei Umwandlung einer Mietwohnung in eine Eigentumswohnung (Kündigungsschutzklausel-Verordnung) v. 13.8.2013; Inkrafttreten am 1.10.2013; Außerkrafttreten am 30.9.2023; Geltung für das gesamte Stadtgebiet.
  • Hamburg – 10 Jahre aufgrund Verordnung zur Verlängerung der Kündigungsschutzfrist für Wohnraum (Kündigungsschutzfristverordnung) v. 12.11.2013; Inkrafttreten am 1.2.2014; Außerkrafttreten am 31.1.2024; Geltung für das gesamte Stadtgebiet.
  • Hessen – 8 Jahre aufgrund Verordnung zur Bestimmung der Gebiete mit abgesenkter Kappungsgrenze und mit verlängerter Kündigungsbeschränkung (Kappungsgrenzen- und Kündigungsbeschränkungsverordnung) v. 23.9.2019; Inkrafttreten am 8.10.2019; Außerkrafttreten am 26.11.2020; Geltung für Bad Homburg vor der Höhe, Bad Soden am Taunus, Bad Vilbel, Bischofsheim, Darmstadt, Dreieich, Egelsbach, Eschborn, Flörsheim am Main, Frankfurt am Main, Ginsheim-Gustavsburg, Griesheim, Hattersheim am Main, Heusenstamm, Hofheim am Taunus, Kassel, Kelkheim (Taunus), Kelsterbach, Kiedrich, Langen (Hessen), Marburg, Mörfelden-Walldorf, Nauheim, Nidderau, Obertshausen, Oberursel (Taunus), Offenbach am Main, Raunheim, Schwalbach am Taunus, Weiterstadt, Wiesbaden.
  • Nordrhein-Westfalen – 5 Jahre aufgrund Verordnung zur Festlegung des Anwendungsbereichs bundesrechtlicher Mieterschutzvorschriften im Land Nordrhein-Westfalen (Mieterschutzverordnung – MietSchVO NRW) v. 9.6.2020; Inkrafttreten am 1.7.2020; Außerkrafttreten am 30.6.2025; Geltung für Düsseldorf, Alfter, Bad Honnef, Bergisch Gladbach, Bonn, Bornheim, Hennef (Sieg), Köln, Königswinter, Leichlingen, Niederkassel, Pulheim, Rösrath, Siegburg, Wachtberg, Wesseling, Münster, Telgte.

Bei ordentlichen Kündigungen seitens des Vermieters sind stets die gestaffelten Kündigungsfristen des § 573c Abs. 1 Satz 2 BGB zu beachten, wonach sich die dreimonatige Grundkündigungsfrist für eine ordentliche Kündigung seitens des Vermieters nach Ablauf von 5 und 8 Jahren seit Übergabe der Wohnräume um jeweils weitere 3 Monate verlängert.

 
Praxis-Beispiel

Unterschiedliche Kündigungsfristen

Das Mietverhältnis wurde im Jahr 2017 begründet, die Wohnung in diesem Jahr auch dem Mieter übergeben. Die Umwandlung in Wohnungseigentum erfolgte im Jahr 2018. Unter Zugrundelegung der Grundsperrfrist von 3 Jahren, kann der Vermieter das Mietverhältnis im Jahr 2021 mit einer Frist von 3 Monaten kündigen. Angenommen, die Wohnung liegt in Hamburg,...

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