1 Leitsatz

Sieht die Gemeinschaftsordnung vor, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung des Verwalters bedarf, ist die Klage im Fall einer Weigerung gegen den Verwalter und nicht gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten.

2 Normenkette

§§ 12 Abs. 1, 18 Abs. 1 WEG

3 Das Problem

Es ist eine Veräußerungsbeschränkung vereinbart. Nach der Gemeinschaftsordnung ist der Verwalter dazu bestimmt, die Zustimmung zu erklären. Wohnungseigentümer K möchte sein Wohnungseigentum veräußern. Dem stimmt Verwalter B vor einem Notar zu. Ferner wird dort seine Unterschrift unter der Niederschrift öffentlich beglaubigt, aus der seine Bestellung hervorgeht. Zustimmung und Nachweis der Bestellung sendet B der Notarin des K. Die Unterlagen kommen dort allerdings beschädigt an. Ferner nimmt die Notarin daran Anstoß, dass die Niederschrift nur vom Verwalter unterschrieben ist (Gründe: Es gibt keinen Verwaltungsbeirat. Kein Wohnungseigentümer war bereit, die Niederschrift zu unterzeichnen). Diese Mängel teilt die Notarin B mit. B erteilt daher erneut seine Zustimmung zur Veräußerung vor der Notarin des K. Einen Termin für den grundbuchmäßigen Nachweis seiner Bestellung nimmt er nicht wahr. Nun erhebt K Klage gegen B. Dieser soll verpflichtet werden, die Niederschrift, aus der die Bestellung hervorgeht, in Bezug auf seine Unterschrift und die Unterschrift eines Wohnungseigentümers beglaubigen zu lassen und diese Niederschrift der Notarin des K vorzulegen. B meint, K müsse die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verklagen. Ferner meint B, er sei nicht verpflichtet, für die Unterschrift Dritter zu sorgen. Im Laufe des Rechtsstreits kommt B seinen behaupteten Verpflichtungen nach und es findet sich auch ein Wohnungseigentümer, der die Niederschrift unterzeichnet und seine Unterschrift beglaubigen lässt. K erklärt den Rechtsstreit daher für erledigt. Fraglich ist, wer die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.

4 Die Entscheidung

Das AG ist der Ansicht, dies sei der Verwalter! Die Zustimmung sei nicht von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, sondern von B abzugeben gewesen. B handele bei der Abgabe der Zustimmung nicht als Organ der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. § 12 Abs. 1 WEG spreche von einem "Dritten". Bei diesem handele es sich nicht um ein Organ der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (Hinweis auf Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 12 Rn. 71). Die Veräußerungsbeschränkung könne auch nicht so ausgelegt werden, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gemeint sei. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wäre nur dann zu verklagen, wenn man, wie nach bisherigem Recht, annähme, dass die Wohnungseigentümer die Entscheidung über die Zustimmung übernehmen könnten. Die Klage hätte auch in Bezug auf den weiteren Wohnungseigentümer Erfolg gehabt. Nur wenn sich kein Wohnungseigentümer dazu bereitfinde, sei der Verwalter nach § 275 Abs. 1 BGB von der Leistung befreit.

Hinweise

  1. Mit Inkrafttreten der WEG-Reform konnten viele bislang streitige Fragen "beerdigt" werden. Wie jede andere Reform auch, wirft sie aber auch neue Fragen auf, auf die nicht von Anfang an eine befriedigende Antwort erkennbar ist. Eine dieser Fragen ist die, was gilt, wenn die Gemeinschaftsordnung dem Verwalter Pflichten auferlegt. Im Fall ist es die Pflicht, der Veräußerung eines Wohnungseigentums zuzustimmen, sofern gegen die Veräußerung kein wichtiger Grund spricht. Andere Pflichten sind die Berechtigung (und Verpflichtung), einer Benutzung/Benutzungsänderung oder einer baulichen Veränderung zuzustimmen. Für alle diese Pflichten fragt sich, ob sie nunmehr von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu erfüllen sind. Die Antwort auf diese Frage ist wichtig. Zwar würde der Verwalter in beiden Fällen diese Pflicht wahrnehmen müssen. Einmal wäre es aber seine eigene Pflicht. Das andere Mal wäre es hingegen die Pflicht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die er als Organ wahrzunehmen hätte. In diesem Fall müsste die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bei einer "Nichtzustimmung" verklagt werden und würde für eine schuldhaft verzögerte Zustimmung Schadensersatz schulden. Sieht man hingegen den Verwalter als verpflichtet an, wäre er bei einer "Nichtzustimmung" zu verklagen und würde selbst für eine schuldhaft verzögerte Zustimmung Schadensersatz schulden. Das AG sieht dieses Problem und entscheidet sich im Anschluss an eine aktuelle Kommentierung dafür, dass der Verwalter persönlich die Zustimmung schuldet. Diese Ansicht ist gut vertretbar, aber umstritten. Der Verwalter sollte die Entwicklung abwarten. Bis dahin sollte er sich so verhalten, als wäre er selbst der Schuldner und käme bei einer Schlecht- oder Nichterfüllung unmittelbar in eine Schadensersatzhaftung.
  2. Klarheit kann eine Änderung der Gemeinschaftsordnung schaffen. Diese wird regelmäßig nur möglich sein, wenn es eine Öffnungsklausel gibt. Liegt es so, muss der Verwalter die §§ 10 Abs. 3 Satz 1, 5 Abs. 4 Satz 1 WEG beachten. Ein Beschluss, der auf einer Öffnungsklausel beruht, muss danach für eine Bindung des Sond...

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