Welche Sicherungsmaßnahmen im Einzelnen zu treffen sind, hängt in erster Linie von Art und Größe der Gefahr ab.
Hierbei ist zu bedenken, dass es eine Verkehrssicherung, die jeden Unfall ausschließt, nicht gibt. Daher muss nicht für alle denkbaren, nur entfernt liegenden Möglichkeiten einer Gefährdung Vorsorge getroffen werden. Es gibt eben Fälle, die – wie es der BGH ausdrückt – als "Unglück" einzuordnen sind. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar.
Eine Gefahr löst erst dann die Pflicht zu Sicherungsmaßnahmen aus, wenn sich für einen Sachkundigen die naheliegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter Dritter (Gesundheit, Eigentum usw.) verletzt werden können. Es sind dann solche Vorkehrungen zu treffen, die nach den Sicherungserwartungen des Verkehrs im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren geeignet sind, Gefahren von Dritten abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßer oder bei nicht ganz fernliegender bestimmungswidriger Benutzung drohen.
Wer beispielsweise nachts unbefugt ein in ländlich einsamer Gegend gelegenes Hausgrundstück betritt und dabei in einen bei Tageslicht deutlich sichtbaren Kellerschacht neben dem Haus stürzt, kann wegen der dabei erlittenen Schäden den Grundstückseigentümer nicht haftbar machen. Allerdings kann sich die rechtlich gebotene Verkehrssicherung auch auf Gefahren erstrecken, die erst durch den unerlaubten und schuldhaften Eingriff eines Dritten entstehen.
Bei deutlich erkennbaren Gefahren, die vor sich selbst warnen, bedarf es keiner Verkehrssicherung, wenn bei verständiger Beurteilung anzunehmen ist, dass der zu Schützende ihnen ausweichen kann und wird.
Regennasser Garten
Der Hauseigentümer, der seine Gäste einlädt, mit ihm den regennassen Garten zu besichtigen, haftet nicht, wenn einer seiner Gäste auf dem Rasen ausrutscht und sich dabei verletzt. Gleiches gilt, wenn der Außendienstmitarbeiter eines Baustofflieferanten anlässlich von Vermessungsarbeiten durch die noch nicht fertiggestellte, mit Kunststoffplatten abgedeckte Terrasse eines Wohnhauses stürzt.
Allerdings besteht eine Verkehrssicherungspflicht nicht nur bei überraschender Gefahr. Auch wenn die Gefahr nicht verborgen ist, kann eine Pflicht zu ihrer Beseitigung bestehen, wenn der Pflichtige mit Unaufmerksamkeit, Fehlreaktionen oder sachwidrigem Umgang mit der Gefahr rechnen muss.
Besteht nach objektiven Maßstäben eine Verkehrssicherungspflicht, kann sich der Verkehrssicherungspflichtige nicht damit entlasten, es sei entsprechend der gängigen Praxis üblich, in vergleichbaren Situationen keine Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen. Dass üblicherweise in vergleichbaren Situationen die Gefahr für Rechtsgüter Dritter außer Acht gelassen wird, spielt bei der rechtlichen Bewertung keine Rolle und ist insbesondere nicht geeignet, das Risiko auf die Geschädigten abzuwälzen.
Für alte Häuser besteht grundsätzlich keine geringere Sicherungspflicht, insbesondere gegenüber Verletzungsgefahren. Doch muss sich der Besucher auf die Besonderheiten alter Häuser (z. B. steilere Treppen) einstellen. Er kann keinen modernen Standard erwarten. Für das Innere einer Privatwohnung sind die Sicherungsanforderungen weniger streng als für Gemeinschaftseinrichtungen (Treppenflure, Kellerzugänge).