2.4.1 Beweislast
Kommt es zum Schadensersatzprozess, obliegt dem Geschädigten der Nachweis sämtlicher Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wegen einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Auch der Nachweis für die haftungsbegründende Kausalität zwischen dem Verletzungsverhalten und der eingetretenen Rechtsgutverletzung muss nach dem Beweismaß des § 286 Abs. 1 ZPO zur vollen Überzeugung des Gerichts geführt werden.
Allerdings kann ihm bei der Kausalitätsfeststellung der sog. Anscheinsbeweis zu Hilfe kommen. Dies ist dann der Fall, wenn das Schadensereignis nach allgemeiner Lebenserfahrung eine typische Folge der Pflichtverletzung darstellt.
Anscheinsbeweis
- Stürzt etwa ein Fußgänger auf dem nicht geräumten Gehweg, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Verstoß gegen die Streupflicht schadensursächlich war.
- Andererseits greift der Anscheinsbeweis für die Ursächlichkeit des Fehlens eines Geländers bei dem Sturz von einer Treppe nur dann ein, wenn der Benutzer in einem Bereich gestürzt ist, in dem ein Geländer den Sturz hätte verhindern oder abmildern können.
- Allein aus einem Ausrutschen auf feuchtem Boden ergibt sich noch nicht, dass in einem Ladenlokal infolge der Feuchtigkeit ein objektiv verkehrswidriger Zustand bestanden hat, der für den Geschädigten zu Beweiserleichterungen bezüglich des von ihm zu erbringenden Verschuldensnachweises führen kann.
Behauptet bei einem Glatteisunfall der Streupflichtige seinerseits, die das Stürzen des Verletzten auslösende Glätte sei infolge von Umständen aufgetreten, die ein Streuen zwecklos gemacht hätten, so muss er beweisen, dass die besonderen Umstände vorlagen und bis kurz vor dem Unfall angedauert haben bzw. dass er in dieser Situation auf die Glätte rechtzeitig reagiert hat.
Auch im Rahmen der Haftung nach § 836 BGB werden nach dem Gesetz sowohl das Verschulden des Grundstücksbesitzers als auch ein ursächlicher Zusammenhang zwischen diesem Verschulden und dem eingetretenen Schaden vermutet. Es ist dann Sache des Besitzers, sich zu entlasten und den entsprechenden Beweis zu führen.
2.4.2 Regress des Sicherungspflichtigen
Wer seine Verkehrssicherungspflicht nicht im Blick hat, läuft Gefahr, mit seinem Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger (teilweise) zu scheitern.
Mitverschulden
Weil die Eigentümerin Haus und Grundstück über Jahre verwahrlosen ließ, bleibt sie auf einem Teil des Schadens sitzen, der durch einen von 4 Kindern im Alter von 8 bis 12 Jahren verursachten Brand eines seit Jahren leerstehenden Hauses verursacht wurde.
So entschied das OLG Koblenz: Gegen die beiden älteren Kinder bestehe zwar grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch, da sie den Brand verschuldet hätten und schon hinreichend einsichtsfähig gewesen seien. Allerdings müsse sich die Eigentümerin ihr Mitverschulden in einer Quote von 30 % entgegenhalten lassen, da das Grundstück und das Hausinnere über Jahre erkennbar verwahrlost waren. Das Haus sei frei zugänglich gewesen und sei zum Anziehungspunkt für Unbefugte geworden, insbesondere für Kinder, die es als "Abenteuerspielplatz" angesehen hätten. Der Eigentümerin habe sich die Gefahr aufdrängen müssen, die von spielenden Kindern auf einem verwahrlosten Grundstück ausgehe. Sie hätte deswegen Vorsorge treffen müssen, dass das verwahrloste Hausanwesen keine "Einladung" für Kinder zum Spielen hätte darstellen können.