1 Leitsatz
Kann ein Vermieter dem Mieter den Gebrauch der Wohnung schuldhaft nicht mehr gewähren, können auch die Mehrkosten für die Unterbringung des Mieters in einer öffentlichen Notunterkunft einen ersatzfähigen Schaden darstellen.
2 Normenkette
§§ 536a Abs. 1, 536 Abs. 3 BGB
3 Das Problem
Die Mieterin einer Wohnung in Hamburg hatte diese untervermietet. Das Jobcenter zahlte die Miete für den Untermieter und dessen insgesamt vierköpfige Familie direkt an die Mieterin/Untervermieterin (im Folgenden: Untervermieterin).
Nach einem halben Jahr kündigte der Hauptvermieter der Untervermieterin wegen unberechtigter Untervermietung. Im anschließenden Räumungsprozess verpflichtete sich die Untervermieterin in einem Vergleich, die untervermietete Wohnung an den Hauptvermieter herauszugeben. Anschließend kündigte sie das Mietverhältnis mit dem Untermieter. Auch der Hauptvermieter verlangte vom Untermieter die Herausgabe der Wohnung.
Der Untermieter und dessen Familie zogen aus der Wohnung aus. Weil sie keine andere Wohnung fanden, wurden sie für 22 Monate in einer Notunterkunft untergebracht. Die Kosten beliefen sich auf 590 EUR monatlich pro Person. Insgesamt zahlte das Jobcenter für die Unterbringung 54.000 EUR und klagte gegen die Untervermieterin auf Ersatz dieser Kosten.
Während das Amtsgericht dem Jobcenter Recht gab, wies das Landgericht die Klage ab. Zwar sei die Untervermieterin dem Grunde nach schadensersatzpflichtig, weil sie die Nichterfüllung des Untermietvertrags zu vertreten habe. Eine höhere Miete könne auch einen ersatzfähigen Schaden darstellen, wenn eine schuldhafte Pflichtverletzung des Vermieters ursächlich für einen Wohnungswechsel des Mieters gewesen sei. Die wesentlich höheren Kosten für die Unterbringung in einer Notunterkunft müsse die Untervermieterin aber nicht erstatten.
Das Jobcenter legte Revision zum BGH ein und verlangt dort aus übergegangenem Recht von der Untervermieterin Ersatz der Mehrkosten für die Unterbringung in Höhe von 37.500 EUR.
4 Die Entscheidung
Das Landgericht muss nun noch Feststellungen zur genauen Höhe des Schadensersatzanspruchs treffen. Dabei muss es berücksichtigen, dass ein Anspruch auf Ersatz der Mietdifferenz in zeitlicher Hinsicht begrenzt ist und nur bis zum Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer oder bis zur Wirksamkeit der ersten möglichen Kündigung durch den Vermieter beschränkt ist. Der Höhe nach ist der Ersatzanspruch auf die erforderlichen Kosten beschränkt. Danach können auch für einen gewissen Zeitraum die Mehrkosten für eine Unterbringung in einer öffentlichen Notunterkunft als erforderlich anzusehen sein, wenn der Mieter auf dem freien Markt zunächst keine andere Wohnung finden konnte.
Zudem muss das Landgericht prüfen, ob der Ersatzanspruch nur hinsichtlich der Kosten für die Unterbringung des ehemaligen Untermieters oder auch hinsichtlich der Kosten für die Unterbringung der gesamten Familie auf das Jobcenter übergegangen ist.
5 Entscheidung
BGH, Urteil v. 21.6.2023, VIII ZR 303/21