Das sieht der BGH anders! Es habe eine Versammlung stattgefunden, in der Beschlüsse gefasst worden seien. Eine Versammlung setze zwar grundsätzlich ein physisches Zusammentreffen der Wohnungseigentümer voraus. Die Ausübung der Teilnahme- und Mitwirkungsrechte erfordere regelmäßig und vorbehaltlich einer grundsätzlich möglichen Stellvertretung eine persönliche Anwesenheit der Wohnungseigentümer in der Versammlung. Dass Wohnungseigentümer an der Versammlung nur teilnehmen können, indem sie von dem allein anwesenden Verwalter vertreten werden, ändere nichts daran, dass es sich um eine Versammlung handele. Denn auch eine sog. Vertreterversammlung, in der nur eine Person anwesend sei, sei eine Versammlung, in der Beschlüsse gefasst und verkündet werden könnten (Hinweis u. a. auf Elzer, in: Zehelein, COVID-19, Miete in Zeiten von Corona, 2. Auflage, § 5 Rn. 55). Die Einberufung und Abhaltung der Versammlung habe zwar nicht den gesetzlichen WEG-Vorgaben entsprochen. Denn eine reine Vertreterversammlung sei nur dann zulässig, wenn sämtliche Wohnungseigentümer in ein solches Vorgehen eingewilligt und den Verwalter zu der Teilnahme und Stimmabgabe bevollmächtigt hätten – woran es im Fall fehle. Auch habe keine Pflicht der Wohnungseigentümer bestanden, V für die Teilnahme und Stimmabgabe zu bevollmächtigen. V habe mithin die §§ 23, 24 WEG bewusst außer Acht gelassen. Das habe aber nicht zur Nichtigkeit der Beschlüsse geführt. Mit seiner Annahme, die Nichtigkeit der Beschlüsse folge aus der BGH-Rechtsprechung, wonach Beschlüsse, die in den unantastbaren Kernbereich des Wohnungseigentumsrechts eingriffen, unwirksam seien, nehme das LG nicht hinreichend in den Blick, dass es im Fall nicht um inhaltliche Beschlussmängel, sondern um die Art und Weise des Zustandekommens von Beschlüssen gehe (= formale Mängel). Die Nichteinladung einzelner Wohnungseigentümer führe regelmäßig aber nur zur Anfechtbarkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse. Der Senat habe die Nichtigkeit zwar für den Fall erwogen, dass ein Wohnungseigentümer in böswilliger Weise gezielt von der Teilnahme ausgeschlossen werden solle. Jedenfalls während der COVID-19-Pandemie begangene Rechtsverstöße führten aber schon deshalb nicht zur Nichtigkeit, weil die Abhaltung einer "echten" Versammlung unter Einhaltung der §§ 23, 24 WEG zum maßgeblichen Zeitpunkt unmöglich gewesen sei.

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