Alexander C. Blankenstein
Ausübung des Stimmrechts ist keine höchstpersönliche Angelegenheit
Die Teilnahme an der Eigentümerversammlung und die Ausübung des Stimmrechts sind keine höchstpersönlichen Angelegenheiten und können deshalb auch von einem Vertreter ausgeübt werden. Grundsätzlich und theoretisch ist deshalb jeder Wohnungseigentümer berechtigt, sich durch jeden beliebigen Dritten in der Ausübung seines Stimmrechts und damit der Teilnahme an der Wohnungseigentümerversammlung vertreten zu lassen.
Vertretungsregelung in der Teilungserklärung prüfen
Im konkreten Einzelfall hängt die Möglichkeit einer Vertretung bzw. Erteilung einer Stimmrechtsvollmacht aber zunächst davon ab, ob dieser Grundsatz durch eine Regelung in der Teilungserklärung oder einer späteren Vereinbarung eingeschränkt wurde. Eine solche Beschränkung der Vertretungsmöglichkeiten auf einen bestimmten Personenkreis – z. B. Ehegatten, Kinder, andere Eigentümer und den Verwalter – wird überwiegend anerkannt.
Einschränkung der Teilnahmemöglichkeiten durch Vertretungsklauseln
Häufig schränken Vertretungsklauseln die Teilnahmemöglichkeiten Außenstehender auf einen engen Personenkreis ein, um fremde Einflüsse aus der Gemeinschaft fernzuhalten. Die Möglichkeit der Bevollmächtigung eröffnet andererseits auch dem abwesenden Eigentümer an den Entscheidungen der Gemeinschaft teilzunehmen bzw. ggf. dem Erwerber bis zur Eigentumsumschreibung als Vertreter des Verkäufers mitzuwirken. Welche Kriterien für die Gemeinschaft vorrangig sind, ergibt sich im Einzelfall aus der Regelung der Teilungserklärung.
Die Gemeinschaftsordnung bzw. Teilungserklärung kann dabei durchaus wirksam regeln, dass sich ein Wohnungseigentümer in der Wohnungseigentümerversammlung nur durch seinen Ehegatten, einen Familienangehörigen oder einen anderen Wohnungseigentümer vertreten lassen kann und somit der Verwalter als möglicher Vertreter ausscheidet.
Auch im Fall einer derartigen qualifizierten Vertreterregelung gilt für juristische Personen, dass diese Regelung ergänzend dahingehend auszulegen ist, dass sie auch für juristische Personen gilt und dass diese sich nicht nur durch ihre organschaftlichen Vertreter, sondern auch durch einen ihrer Mitarbeiter vertreten lassen können. Ferner ist eine derartige Vertreterklausel ergänzend dahingehend auszulegen, dass sich eine juristische Person in der Versammlung jedenfalls auch von einem Mitarbeiter einer zu demselben Konzern gehörenden (weiteren) Tochtergesellschaft vertreten lassen darf, wenn diese für die Verwaltung des Wohnungseigentums zuständig ist.
Keine Vertretung durch Rechtsanwalt
Kann sich ein Wohnungseigentümer nach einer Vertretungsbeschränkung in der Gemeinschaftsordnung lediglich durch den Verwalter, seinen Ehegatten oder einen anderen Wohnungseigentümer vertreten lassen, ist eine Vertretung durch alle anderen Personen ausgeschlossen. Dies gilt auch für von Berufs wegen zur Verschwiegenheit verpflichtete Personen wie etwa Rechtsanwälte und Steuerberater.
Gesetzliche Fälle der Vertretungsbefugnis
Neben der rechtsgeschäftlichen Erteilung einer Vollmacht bestehen auch gesetzliche Fälle der Vertretungsbefugnis. Falls ein Wohnungseigentümer minderjährig ist oder unter Betreuung steht, handelt für ihn sein gesetzlicher Vertreter. Für das Kind handeln also die beiden Eltern, für den Geschäftsunfähigen sein Betreuer. Steht der betreute Wohnungseigentümer nicht unter einem Einwilligungsvorbehalt nach § 1903 BGB, kann er auch weiterhin selbst abstimmen. Juristische Personen werden durch die jeweiligen zur Vertretung befugten Organe vertreten.