Problemüberblick

Im Fall werden 2 Probleme angesprochen. Das eine ist die Frage, welche Personen einem Wohnungseigentümer als Vertreter dienen können. Das andere ist die Frage, was gilt, wenn eine dazu nicht befugte Person die Wohnungseigentümer zu einer Versammlung lädt.

Mögliche Vertreter eines Wohnungseigentümers

Jeder Wohnungseigentümer besitzt das Recht, sich als Eigentümer eines Wohnungseigentums durch eine oder sogar durch mehrere Personen in der Versammlung vertreten zu lassen. Als Vertreter kommt grundsätzlich jeder Dritte in Betracht. Neben einer Einzelvertretung ist eine Gruppenvertretung – die Vertretung mehrerer Wohnungseigentümer – oder die Vertretung eines Wohnungseigentümers durch mehrere Vertreter zulässig. In der Praxis ist es allgemeine Übung, dass der Verwalter einem Wohnungseigentümer von sich aus anbietet, im Fall der Verhinderung für ihn sein Stimmrecht als sein Vertreter wahrzunehmen.

Vertreterklausel

Die Befugnis, sich durch jeden Dritten vertreten zu lassen, kann durch eine Vereinbarung beschränkt werden (Vertreterklausel). Eine Vertreterklausel bezweckt vor allem, die Versammlungen von gemeinschaftsfremden Einwirkungen freizuhalten und den Kreis der Vertretungsberechtigten auf Personen zu beschränken, die entweder mit der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums betraut sind (Verwalter), als Wohnungseigentümer bereits an der Versammlung teilnehmen dürfen oder dem vertretenen Wohnungseigentümer besonders nahestehen. In der Praxis werden 3 Arten von Vertretungsbeschränkungen bevorzugt: funktions- (Verwalter, Verwaltungsbeirat), gemeinschafts- (andere Wohnungseigentümer) und personenbezogene (Familienangehörige und Ehegatten).

Eine Vertretungsbeschränkung ist nach ihrem Sinn und Zweck nicht in allen Fällen einer Vertretung anwendbar. Überblick zu den wichtigsten Praxisfällen:

  • Gesetzliche Vertreter. Eine Vertretungsbeschränkung gilt nicht für den gesetzlichen Vertreter eines Wohnungseigentümers, z. B. die Eltern eines minderjährigen Wohnungseigentümers.
  • Juristische Personen. Eine Vertretungsbeschränkung gilt auch für juristische Personen, z. B. eine GmbH oder AG. Eine solche Person ist aber befugt, sich nicht nur durch ihre organschaftlichen Vertreter, sondern auch durch einen ihrer Mitarbeiter vertreten zu lassen. Ebenso wie es einer natürlichen Person verwehrt ist, sich durch einen beliebigen Dritten oder den Mitarbeiter eines von ihm beauftragten Verwaltungsunternehmens vertreten zu lassen, kann sich eine juristische Person freilich nicht durch einen Mitarbeiter eines beliebigen anderen Unternehmens vertreten lassen. Eine juristische Person kann sich allerdings dann durch einen Mitarbeiter einer zu demselben Konzern gehörenden (weiteren) Tochtergesellschaft vertreten lassen, wenn diese für die Verwaltung des Wohnungseigentums zuständig ist – selbst dann, wenn die Vertretung auf Verwandte in gerader Linie beschränkt ist.
  • Kommunen und Städte. Es gelten die Ausführungen zur juristischen Person entsprechend.
  • Nießbraucher. Streitig ist, was bei einem vom Wohnungseigentümer zur Vertretung ermächtigten Nießbraucher gilt. Nach herrschender und zu folgender Meinung unterfällt ein Nießbraucher einer Vertreterklausel. Soll etwas anderes gelten, muss das vereinbart werden.
  • Parteien kraft Amtes. Eine Vertretungsbeschränkung gilt nicht für Parteien kraft Amtes. Ein Insolvenzverwalter ist zum Beispiel berechtigt, für den Insolvenzschuldner an der Versammlung teilzunehmen
  • Verbände. Es gelten die Ausführungen zur juristischen Person entsprechend.

Eine ungenaue Vertreterklausel ist – sofern sie nicht wegen Unbestimmtheit unanwendbar ist – streng auszulegen. Zum Beispiel kann es einem Wohnungseigentümer trotz einer personenbezogenen Vertretungsbeschränkung im Einzelfall erlaubt sein, sich auch durch einen Lebenspartner vertreten zu lassen. Allerdings ist nicht jede Person als Lebenspartner in diesem Sinne anzusehen. Es bedarf vielmehr einer gewissen "Verfestigung". Im Einzelfall ist es den anderen Wohnungseigentümern aufgrund besonderer Umstände nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ferner verwehrt, sich auf eine Vertreterklausel zu berufen. Ob dem so ist, kann in der Regel erst in der Versammlung der Eigentümer geprüft werden. Beispielsweise auf eine Vereinbarung, dass sich ein Wohnungseigentümer nur durch seinen Ehegatten, den Verwalter oder einen anderen Wohnungseigentümer vertreten lassen kann, dürfen sich die anderen Wohnungseigentümer dann nicht berufen, wenn der Ehegatte zur Vertretung aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, der Wohnungseigentümer mit den übrigen Wohnungseigentümern völlig zerstritten und erst unmittelbar vor der Versammlung ein neuer Verwalter bestellt worden ist, den der – verhinderte – Eigentümer (noch) nicht kennt. Eine Vertreterklausel ist im Übrigen nicht anzuwenden, wenn der durch sie beschränkte Wohnungseigentümer im Ausland lebt, nicht verheiratet ist, es sich um eine kleine Wohnungseigentumsanlage handelt, die anderen Wohnungseigentümer mit dem Verwalter "identisch" u...

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