Ohne Erfolg! Die Berufung sei bereits unzulässig. Zwar sei B nicht prozessunfähig, da sie von allen Wohnungseigentümern gemeinsam vertreten werde. Es bestehe eine Gesamtvertretung. Das bedeute, dass die Gemeinschaft aktiv, also bei Abgabe einer Willenserklärung für die Gemeinschaft, nur durch alle Miteigentümer gemeinsam vertreten werde. Jedoch im Rahmen der Passivvertretung, also bei Entgegennahme von Willenserklärungen für die Gemeinschaft, vertrete jeder einzelne Wohnungseigentümer die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Es genüge daher entsprechend § 170 Abs. 3 ZPO, wenn die Klageschrift oder eine sonstige Willenserklärung, die der Gemeinschaft zugestellt oder ihr gegenüber abgegeben werden müsse, nur einem Wohnungseigentümer zugehe. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer werde von K2 und K3 vertreten. K1 sei von der organschaftlichen Prozessvertretung gegen sich selbst ausgeschlossen und die verbleibenden beiden weiteren Wohnungseigentümer seien für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gesamtvertretungsberechtigt (Hinweis auf BGH, Beschluss v. 7.6.2010, II ZR 210/09, Rz. 11 ff.). K3 habe sich aber an einer Vertretung der Gemeinschaft nicht beteiligt. Eine Vertretungsmacht des K2 ergebe sich auch nicht aus der Notgeschäftsführungsbefugnis des § 18 Abs. 3 WEG. Die Vorschrift sei zur Wahrung des Rechts der Wohnungseigentümer auf gemeinschaftliche Verwaltung eng auszulegen. Die Mehrheitsverwaltung habe grundsätzlich den Vorrang vor der Notverwaltung des Einzelnen.

Hinweis

  1. Der Fall spielt noch zum alten Recht. Die von ihm angesprochenen Fragen sind aber hochaktuell und streitig. Warum? Dem reformierten WEG liegt die Überlegung zugrunde, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Organ stets über einen Verwalter als Organ verfügt. Die Bestimmungen versagen daher in verwalterlosen Gemeinschaften an mehreren Stellen. Diese Lücke ist bedauerlich und erstaunlich. Denn Wohnungseigentumsanlagen ohne Verwalter sind zwar nicht die Regel, aber auch keinesfalls seltene Ausnahmen. Etwa in Zweiergemeinschaften erteilt das Gesetz den Wohnungseigentümern für eine Prozessführung eine "rote Karte" und stellt sie in den Regen.
  2. Fehlt ein Verwalter, wären nach § 9b Abs. 1 Satz 2 WEG sämtliche Wohnungseigentümer als Gesamtvertreter dazu berufen, die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu vertreten. Dies ist aber eigentlich nicht vorstellbar, da wenigstens einer der Gesamtvertreter der Kläger ist und als Gesamtvertreter ausscheidet. Aus diesem offensichtlichen und gesetzesimmanenten Problem wird – wie im Fall – zum einen der Schluss gezogen, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer von den verbliebenen Eigentümern vertreten wird (LG Frankfurt a. M., Urteil v. 11.2.2021, 2-13 S 46/20; BeckOGK/Skauradszun, 1.12.2020, WEG, § 44 Rz. 64; Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 44 Rz. 39 "kupierte Gesamtvertretung"). Zum anderen wird aber auch vertreten, die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sei prozessunfähig und das Gericht müsse der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einen Prozesspfleger bestellen (Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rz. 1904).
  3. Ungeregelt geblieben ist ferner, wie die Verteidigung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in verwalterlosen Gemeinschaften gelingen kann. Eine Gesamtvertretung erscheint grundsätzlich ausgeschlossen, nicht nur, aber etwa dann, wenn z. B. ein Wohnungseigentümer im Ausland wohnt und/oder der deutschen Sprache nicht mächtig ist. Eine Einzelvertretung ist aber vom Gesetz bewusst nicht vorgesehen. Nicht anders ist es bei den Beschlussklagen, selbst dann, wenn man – wie hier – annimmt, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durch die verbliebenen Wohnungseigentümer vertreten wird. Ob im Einzelfall § 18 Abs. 3 WEG helfen kann, bleibt abzuwarten (das LG lehnt die Anwendung ab). Die Bereitschaft einzelner Wohnungseigentümer, eine Verteidigung im Rahmen der Notgeschäftsführung auf die Beine zu stellen, wird auch davon abhängen, ob sie Verträge im eigenen Namen oder im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer schließen können.
  4. Vor allen Dingen, aber nicht nur dann, wenn ein Verwalter fehlt, fragt sich, ob das gesellschaftsrechtliche Institut der actio pro societate im reformierten Wohnungseigentumsrecht anwendbar ist. Aktuell abgelehnt hat dies bereits das LG Frankfurt a. M. Für die Anwendung gebe es kein Bedürfnis. Nach a. A. ist es im Ausnahmefall denkbar, die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durch einen einzelnen Wohnungseigentümer vertreten zu lassen. Begründet werden könne dies über das im Gesellschaftsrecht anerkannte Rechtsinstitut der actio pro societate bzw. pro socio. Hierfür spreche auch § 715b Abs. 1 Satz 1 BGB-E (Gesellschafterklage) des Entwurfes eines Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz – MoPeG). Danach sei jeder Gesellschafter berechtigt, einen auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhenden Anspruch der Gesellschaft gegen einen anderen Gesellschafter im eigenen Namen geltend zu machen, wenn d...

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