BGH: Klage auf Veräußerungszustimmung immer gegen GdWE

Sieht die Gemeinschaftsordnung vor, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung des Eigentums "der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer" bedarf, ist eine Klage auf Zustimmung stets gegen die Gemeinschaft zu richten. Das gilt auch, wenn die Vereinbarung vor der WEG-Reform getroffen wurde.

Hintergrund: Zustimmungsklage gegen Miteigentümerin

Die Eigentümerin einer Wohnung in einer derzeit verwalterlosen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) mit zwei Einheiten verlangt von der Eigentümerin der anderen Einheit die Zustimmung zur Veräußerung ihres Wohnungseigentums.

In der Teilungserklärung aus dem Jahr 2001 heißt es: "Ein Wohnungseigentümer bedarf zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer. Die Zustimmung darf nur aus wichtigem Grunde versagt werden. Der Zustimmung des Verwalters bedarf es nicht. …"

Im November 2021 veräußerte die Eigentümerin ihr Wohnungseigentum an eine externe Erwerberin. Die Eigentümerin der anderen Einheit weigerte sich, der Veräußerung zuzustimmen. Daraufhin erhob die veräußerungswillige Eigentümern gegen die andere Eigentümerin Klage auf Zustimmung.

Entscheidung: Die Gemeinschaft muss verklagt werden

Die gegen die andere Eigentümerin gerichtete Klage auf Zustimmung hat keinen Erfolg. Die beklagte Eigentümerin ist für die Zustimmung nicht passivlegitimiert. Die Klage hätte gegen die Gemeinschaft gerichtet werden müssen.

Umstritten: Wer ist zustimmungsberechtigt?

Gemäß § 12 Abs. 1 WEG kann als Inhalt des Sondereigentums vereinbart werden, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf. Die Teilungserklärung enthält eine solche Regelung.

Bisher war umstritten, wer zustimmungsberechtigt im Sinne des § 12 Abs. 1 WEG ist, wenn die Teilungserklärung die Zustimmung "der anderen Wohnungseigentümer" verlangt.

Nach einer Auffassung könne dies nur im Sinne einer eigenständigen Zustimmungserklärung eines jeden Eigentümers verstanden werden. Die Zustimmungserklärungen könnten nicht durch einen Mehrheitsbeschluss ersetzt werden. Hierfür fehle der GdWE die Beschlusskompetenz.

Nach der Gegenauffassung sei eine Teilungserklärung dieser Art dahin zu verstehen, dass die Zustimmung Aufgabe der GdWE sei, über die die Gesamtheit der Wohnungseigentümer mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschließe.

BGH entscheidet Streitfrage zur Veräußerungszustimmung

Der BGH entscheidet den Streit in letzterem Sinne. Sieht die Gemeinschaftsordnung vor, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums "der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer" bedarf, ist eine Klage auf Zustimmung zur Veräußerung stets gegen die GdWE zu richten.

Dasselbe gilt seit der WEG-Reform, wenn die Veräußerung von der Zustimmung des Verwalters abhängig sein soll. Auch hier ist die Klage gegen die GdWE zu richten, wie der BGH bereits entschieden hat.

Zwar legt der Wortlaut des seit 1951 unveränderten § 12 Abs. 1 WEG, an den sich die Teilungserklärung anlehnt, eher das Erfordernis einer individuellen Zustimmungsberechtigung eines jeden Wohnungseigentümers nahe, weil er als Zustimmungsberechtigte neben einem Dritten nur andere Wohnungseigentümer vorsieht und nicht ausdrücklich die GdWE. Andererseits schließt er es aber auch nicht aus, die Willensbildung zu bündeln und die GdWE als zustimmungsberechtigt im Sinne der Vorschrift anzusehen.

Für letztere Sichtweise spricht, dass die WEG-Reform, die zum 1.12.2020 in Kraft getreten ist, die Aufgaben und Befugnisse der GdWE grundlegend neu ausgestaltet hat. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums obliegt sowohl im Außenverhältnis als auch im Innenverhältnis nunmehr ausschließlich dem Verband.

Die Prüfung und Erteilung beziehungsweise Nichterteilung der Zustimmung zu einer Veräußerung ist eine Maßnahme der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Das Zustimmungserfordernis soll die Wohnungseigentümer davor schützen, dass Wohnungseigentum in die Hände eines persönlich oder finanziell unzuverlässigen Erwerbers gelangt. Damit ist ein Zustimmungsvorbehalt maßgeblich im Interesse der Gemeinschaft vereinbart. Denn diese ist betroffen, wenn sich der Erwerber als persönlich oder finanziell unzuverlässig erweist. Daher kommt es auch für die Beurteilung der Frage, ob die Zustimmung aus einem wichtigen Grund versagt werden darf, nicht auf die Interessen einzelner Wohnungseigentümer an, sondern darauf, ob die Veräußerung eine gemeinschaftswidrige Gefahr für die übrigen Wohnungseigentümer darstellt.

Dementsprechend ist eine Bestimmung, nach der "die anderen Wohnungseigentümer" einer Veräußerung zustimmen müssen, nicht im Sinne einer eigenständigen Zustimmungsberechtigung eines jeden Eigentümers zu verstehen, sondern als Aufgabe der Gemeinschaft. Die erforderliche Beschlusskompetenz ergibt sich aus § 19 WEG. Infolgedessen ist, ebenso wie bei einer Zustimmung durch den Verwalter, wenn die Zustimmung "der anderen Wohnungseigentümer" vorgesehen ist, die Klage auf Zustimmung stets gegen die GdWE zu richten.

Diese Grundsätze gelten auch, wenn die Vereinbarung vor Inkrafttreten der WEG-Reform am 1.12.2020 getroffen wurde, so wie es hier der Fall ist.

Keine Sonderregelungen für Zweiergemeinschaften

Auch in einer Zweiergemeinschaft – wie hier – gilt nichts anderes. Eine Zweiergemeinschaft unterliegt den üblichen Verwaltungsregeln des Wohnungseigentumsgesetzes. 

In einem Beschlussklageverfahren ist der klagende Eigentümer von der Vertretung der Gemeinschaft ausgeschlossen. Dies führt dazu, dass eine verwalterlose Gemeinschaft durch die übrigen Eigentümer gemeinschaftlich vertreten wird. 

Verbleibt nur ein Wohnungseigentümer, der keinem Vertretungsverbot unterliegt, vertritt er die verwalterlose GdWE im Prozess allein. Dies gilt sinngemäß auch für die auf die Zustimmung zur Veräußerung gerichtete Klage.

(BGH, Urteil v. 22.3.2024, V ZR 141/23)


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Schlagworte zum Thema:  Wohnungseigentumsrecht, Verwalterzustimmung