Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs gegen die Aberkennung des Gebrauchsrechts einer EU-Fahrerlaubnis im Inland
Leitsatz (amtlich)
1. Ist der Erwerb einer Fahrerlaubnis durch einen deutschen Staatsangehörigen in einem anderen EU-Land ordnungsgemäß im Sinne des Urteils des EUGH vom 26.06.2008 in den verbundenen Rechtssachen C – 329/06 und C – 343/06 erfolgt, kommt es für die Beurteilung der Frage, ob eine demnach erfolgte Aberkennung des, Gebrauchsrechts einer EU-Fahrerlaubnis im Inland gegen Gemeinschaftsrecht verstößt, maßgeblich darauf an, ob dem Fahrerlaubnisinhaber deshalb das Führen von Kraftfahrzeugen in der Bundesrepublik Deutschland untersagt werden durfte, weil er aufgrund rechtsmissbräuchlicher Umgehung der inländischen Vorschriften eine tschechische Fahrerlaubnis erworben hat, die er in der Bundesrepublik Deutschland ohne vorherige Klärung vorhandener Eignungszweifel nicht hätte erlangen können.
2. Vor dem Hintergrund, dass die damit zusammenhängende europarechtliche Problematik als nicht restlos geklärt bzw. offen anzusehen ist, beurteilt die Kammer die beantragte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs auf der Grundlage einer hauptsacheoffenen Interessenabwägung.
Normenkette
VwGO § 80; StVG § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Abs. 4, § 3; FeV § 13 Nr. 2c, § 20 Abs. 1, §§ 46-47
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Der Streitwert beträgt 2.500.- Euro.
Gründe
Der Antragsteller wendet sich mit seinem Antrag im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 07.11.2008, mit der ihm mit sofortiger Wirkung das Recht aberkannt wurde, von seiner in der tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen, und ihm weiter aufgegeben wurde, den ausländischen Führerschein zur Eintragung des Aberkennungsvermerks beim Antragsgegner vorzulegen.
Der diesbezüglich gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners wiederherzustellen, ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
In der Sache hat der Antrag jedoch keinen Erfolg.
Zunächst hat der Antragsgegner die Anordnung der sofortigen Vollziehung in einer den Formerfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise im Wesentlichen damit begründet, dass das herausragende Vollzugsinteresse der Allgemeinheit, ungeeignete Kraftfahrer vom Straßenverkehr fernzuhalten, Vorrang vor dem Aussetzungsinteresse des Betroffenen habe, bis zur Bestandskraft der Entziehungsverfügung von Vollstreckungsmaßnahmen verschont zu bleiben. Diese auf die typische Interessenlage abstellende Begründung genügt den Anforderungen, weil es bei vorerst -vorbehaltlich der materiellen Nachprüfung- unterstellter Richtigkeit der Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch den Antragsgegner um die Abwehr von Gefahren für typische Gemeinschaftsgüter, nämlich die Ordnung und Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs, geht und daher das besondere öffentliche Vollzugsinteresse im Regelfall -wie auch hier- mit dem Interesse am Erlass des Verwaltungsaktes zusammenfällt.
So auch OVG des Saarlandes, Beschluss vom 07.05.2008, 2 B 187/08; ferner etwa Beschlüsse der Kammer vom 14.12.2007, 10 L 1701/07, vom 03.04.2008, 10 L 53/08, sowie vom 17.09.2008, 10 L 699/08, oder vom 02.10.2008, 10 L 744/08
Soweit der Antragsteller der Annahme des besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung entgegenhält, er habe bis zum heutigen Tage ohne Beanstandungen Fahrzeuge auch in Deutschland geführt und sich somit bewährt, zudem habe der Antragsgegner bereits im Februar 2008 die damals beabsichtigte Aberkennung des Gebrauchsrechts nicht weiter verfolgt und das Verfahren eingestellt, vermag er nicht durchzudringen, denn es ist dem Antragsgegner unbenommen, auf der Grundlage neuer tatsächlicher Erkenntnisse oder anderer rechtlicher Bewertungen eine Aberkennung des Gebrauchsrechts unter Anordnung der sofortigen Vollziehung für erforderlich zu erachten.
Die somit vom Gericht in der Sache zu treffenden Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO richtet sich danach, ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen behördlichen Verfügung gegenüber dem Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des von ihm eingelegten Rechtsbehelfs schwerer wiegt. Im Rahmen dieser vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf nach dem zum Entscheidungszeitpunkt gegebenen Erkenntnisstand aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird; bei offensichtlichen Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs überwiegt demgegenüber regelmäßig das Aussetzungsinteresse des Antragstellers.
Hiervon ausgehend kann der ...