Entscheidungsstichwort (Thema)

Asylrecht und Abschiebungsschutz betreffend Syrien

 

Leitsatz (amtlich)

1. In Syrien droht Festgenommenen sowohl im Polizeigewahrsam als auch bei Inhaftierung durch die Geheimdienste und bei Einreisekontrollen in Anknüpfung an die kurdische Volkszugehörigkeit, wenn sich der Betroffene in irgendeiner Weise exponiert für die kurdische Sache einsetzt.

2. Allein aufgrund der kurdischen Volkszugehörigkeit oder der Stellung eines Asylantrags im Bundesgebiet ist hingegen nicht mit politischer Verfolgung oder abschiebungsschutzrelevanten Repressalien zu rechnen.

 

Normenkette

GG Art. 16a Abs. 1, 2 S. 1; AsylVfG § 26a Abs. 2

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens trägt der Kläger unter Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beteiligten, die dieser selbst trägt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ersichtlichen Kostenschuld abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der in Nordsyrien geborene Kläger ist kurdischer Volkszugehöriger, lebte seinen Angaben zufolge ab 1992 in verschiedenen Stadtteilen – von Damaskus – die letzten vier Jahre in dem Stadtteil Wadi Al Mascharii bzw. Mascharia und arbeitete zuletzt als freier Journalist für die legalen Zeitschriften Al Thaura und Tischrin sowie für die illegale kurdische Zeitung Agras (deutsch: Glocken).

Der Kläger reiste am 05.04.2004 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 08.04.2004 seine Anerkennung als Asylberechtigter. Im Verlaufe seiner Anhörung durch die Beklagte am 22.04.2004 gab der Kläger an, er sei am 14.03.2004 mit dem PKW nach Beirut gereist, wo er sich bis 15.04.2004 bei seinem dort seit zehn Jahren lebenden Schwager aufgehalten habe. Am 05.04.2004 sei er mit der Turkish Airlines über Istanbul nach Düsseldorf geflogen. Einen Beleg über den Flug habe er nicht, da er das Flugticket weggeworfen habe. Zudem sei die Reise von einem Schlepper organisiert worden, der ihm einen roten Pass jeweils kurz vor der Passkontrolle ausgehändigt habe. Diesen Pass habe er nicht eingesehen, so dass ihm der Name, auf den der Pass ausgestellt gewesen sei, nicht bekannt sei. Er habe sich keine Gedanken darüber gemacht, dass er bei Passkontrollen nach dem Namen gefragt werden könne. Seine eigenen Ausweispapiere habe er bei seinem Schwager im Libanon gelassen, da die Reise mit gefälschten Pässen abgelaufen und er davon ausgegangen sei, dass er keine Papiere brauche. Mitgebracht habe er lediglich Ausbildungsbescheinigungen und Zeitungsartikel betreffend die kurdische Sache sowie zwei Bücher, die er selbst verfasst habe.

Anlass für seine Ausreise aus Syrien sei gewesen, dass auf die Vorfälle anlässlich eines Fußballspiels am 12.03.2004 in Nordsyrien auch in Damaskus, wo sich der Kläger an diesem Tag aufgehalten habe, Demonstrationen stattgefunden hätten. Im Hinblick auf die staatlichen Reaktionen auf die Vorfälle in Nordsyrien hin habe er mit anderen am 13.03.2004 beschlossen, in Damaskus am 14.03.2004 eine Demonstration durchzuführen. Er habe an dieser Demonstration als Mitglied der „Sozialistischen Demokratischen Kurdischen Partei in Syrien” teilgenommen und zu den Organisatoren gehört. An der Demonstration hätten 5.000 bis 7.000 Menschen teilgenommen. Treffpunkt sei sein Wohnviertel gewesen und man habe beabsichtigt, in Richtung Präsidentenpalast zu gehen. Der Beginn der Demonstration sei auf 12.00 Uhr angesetzt gewesen. Seine Mitdemonstranten hätten vergeblich auf die Studenten gewartet, deren Viertel inzwischen von der Polizei umstellt gewesen sei. Die Demonstration sei dann nach einer Auseinandersetzung mit den Sicherheitskräften aufgelöst worden. Am nächsten Morgen, einem Montag, sei sein Stadtviertel Wadi Al Mascharia ab 4.00 Uhr von 3.000 schwer bewaffneten Soldaten umzingelt worden und es sei zur Festnahme von ca. 2.000 Menschen gekommen.

Er selbst habe am 15.03.2004 einen Artikel über die miserable Lage der Kurden in Syrien verfasst und diesen Artikel in der Zeitung Al Saurab veröffentlichen lassen wollen. Der zuständige Redakteur mit Namen M. K. habe ihn als Separatist bezeichnet und ihn im Zimmer eines anderen Journalisten warten lassen, wo 30 Minuten später Angehörige der Sicherheitspolizei erschienen seien, die ihn zur Polizeistation im Stadtteil Khafr Suse verbracht hätten. Während der Vernehmung habe man ihm gesagt, dass bekannt sei, dass er an der Demonstration teilgenommen habt, er aber nicht festgenommen worden sei, da von ihm verlangt werde, dass er als Journalist mehrere Artikel gegen diese Demonstration schreiben solle, um die Kurden als Terroristen zu diskreditieren. Widrigenfalls sei ihm angedroht worden, ihn zu foltern u. a. mit den Worten: „Du wirst ins Gefängnis kommen, wir werden dir die Augen aushacken”. Er habe daraufhin zugestimmt und am...

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