Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückforderung von Unterhaltsvorschussleistungen wegen Heirat. Wegfall der Leistungsvoraussetzungen durch Heirat

 

Normenkette

BGB § 1586; SGB II § 9 Abs. 2, 5; UVG §§ 1, 3, 5 Abs. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin gebar am 14.08.2004 das Kind …. Am 26.10.2004 beantragte sie für dieses Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz; dabei gab sie an, Name und Aufenthalt des Vaters seien ihr nicht bekannt. Der Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 09.01.2004 Unterhaltsvorschuss ab 01.09.2004 (zuletzt 127,00 EUR monatlich). Mit Eingang bei der Beklagten vom 29.08.2005 gab die Klägerin an, sie beabsichtige, noch im Jahr 2005 zu heiraten, ein Termin stehe noch nicht fest. Am 21.10.2005 heiratete die Klägerin Herrn …, worüber sie den Beklagten mit Schreiben vom 26.10.2005, bei diesem am 31.10.2005 eingegangen, informierte.

Der Beklagte stellte mit Bescheid vom 31.10.2005 seine UVG-Leistungen rückwirkend mit Ablauf des 21.10.2005 ein. Mit weiterem Bescheid vom 31.10.2005 forderte er von der Klägerin für den Zeitraum vom 22.10. bis 30.11.2005 einen Betrag von 165,00 EUR zurück.

Mit Eingang beim Beklagten vom 30.11.2005 legte die Klägerin gegen den Rückforderungs- sowie den Einstellungsbescheid Widerspruch ein. Der Widerspruch wurde mit aufgrund mündlicher Verhandlung vom 16.01.2008 ergangenem Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses zurückgewiesen; dieser wurde am 21.10.2008 als Einschreiben an die Bevollmächtigten der Klägerin zur Post gegeben.

Die Klägerin hat am 18.02.2008 Klage erhoben. Sie trägt im Wesentlichen vor, die angefochtenen Bescheide seien zu Unrecht ergangen. Das Unterhaltsvorschussgesetz solle vorrangig die wirtschaftliche Existenz des Kindes schützen, sofern der leibliche Vater seiner Unterhaltsverpflichtung nicht nachkomme, wie schon der Titel des Gesetzes zeige. Da der leibliche Vater keine Zahlungen leiste, habe sie zu Recht Leistungen erhalten. Diese Leistungen seien für insgesamt 72 Monate zu gewähren (§ 3 UVG). Da sie, die Klägerin, nicht den Kindsvater geheiratet habe, stünden ihr die Leistungen weiter zu (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG). Einstellung und Rückforderung seien daher rechtswidrig. Das Gesetz selbst spreche von einem “Getrenntleben im Verhältnis zum anderen Ehegatten oder Lebenspartner” (§ 1 Abs. 3 UVG). Durch die vom Beklagten vorgenommene Gesetzesauslegung werde der neue Vater zu einer Unterhaltsverpflichtung herangezogen; er müsse für das nichtleibliche Kind wirtschaftlich vollumfänglich Sorge tragen. Es könne nicht im Sinne des Gesetzgebers sein, wenn sich der unterhaltspflichtige leibliche Vater gänzlich aus der Verantwortung ziehen könne. Hinzu komme, dass ihr neuer Partner nicht in der Lage sei, wirtschaftliche Verantwortung für das Kind zu übernehmen, da er selbst Unterhaltssicherungsleistungen beziehe. Es würden die Grundsätze der Bedarfsgemeinschaft herangezogen (§ 9 Abs. 5 und Abs. 2 SGB II). Die vollständige Anrechnung des Einkommens des Stiefvaters – ohne über den Regelselbstbehalt hinausgehende Freibeträge und ohne Widerlegbarkeit einer Unterhaltsvermutung – verstoße gegen das Grundgesetz, insbesondere gegen Art. 2 Abs. 1, 3 Abs. 1, 6 Abs. 1 und Abs. 5 GG, sowie gegen den Verfassungsgrundsatz der Einheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung, wie ausführlich dargelegt wird. Die Einstellung der Leistungen sei unbillig. Entgegen der Auffassung des Beklagten diene der gewährte Unterhaltsvorschuss nicht nur dazu, denjenigen Elternteil zu bevorzugen, der im Alltag und bei der Erziehung auf sich allein gestellt sei. Es sei nicht richtig, dass nach der Heirat des bisher alleinerziehenden Elternteils in der Regel nicht mehr die prekäre Lage wie vorher gegeben sei. Der neue Partner übernehme nicht automatisch voll die finanzielle Unterstützung für das nicht eheliche Kind. Nur weil ein Gesetz in der vorliegenden Form verabschiedet worden sei, müsse dies nicht bedeuten, dass das Gesetz auch in der vorliegenden Form richtig sei. Aus den einschlägigen Richtlinien ergebe sich nichts anderes. Die Definition des § 1586 BGB beziehe sich gerade auf die partnerschaftliche Beziehung, aus der das berechtigte Kind auch stamme.

Die Klägerin beantragt,

1. den Bescheid des Beklagten vom 31.10.2005 und den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 18.01.2008 aufzuheben;

2. die Zuziehung ihrer Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt im Wesentlichen vor, die Klägerin habe ab dem Zeitpunkt ihrer Heirat keinen Anspruch mehr auf die Gewährung von Unterhalt...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?