Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Einstweilige Anordnung für den Betrieb eines Büros zur Vermittlung von Oddset-Sportwetten
Leitsatz (amtlich)
Im Rahmen eines Antrags nach § 123 VwGO kann ein privates Wettbüro in Hamburg gegenwärtig weder mit Erfolg die Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb eines Büros zur Annahme und Vermittlung von Sportwetten mit fester Gewinnquote (sog. Oddset-Wetten) erstreiten noch die gerichtliche Feststellung erlangen, dass die Vermittlung solcher Wetten ohne behördliche Erlaubnis zulässig ist.
Gründe
Die Antragstellerin betreibt in Hamburg ein “Wettbüro” für Sportwetten mit fester Gewinnquote, sog. Oddset-Wetten.
Die Wetten ihrer Kunden vermittelt sie an die in Österreich staatlich lizenzierte Fa.… Mit undatiertem Schreiben an die Antragsgegnerin, bei dieser eingegangen am 21. Juni 2004, beantragte die Antragstellerin eine Genehmigung für “die Annahme, Vermittlung und den Abschluss von Sportwetten”. Hilfsweise bat sie um Bestätigung, dass die beschriebene Tätigkeit in Hamburg auch ohne behördliche Erlaubnis zulässig sei.
Mit Bescheid vom 13. Juli 2004 lehnte die Antragstellerin den Antrag ab. Das Anbieten, Vermitteln und die Durchführung von Sportwetten sei ohne behördliche Erlaubnis gemäß § 284 StGB als Veranstalten eines Glücksspiels strafbar. Die Erteilung von Erlaubnissen für öffentliche Glücksspiele sei nach der in Hamburg geltenden Rechtslage nur aufgrund der Lotterieverordnung sowie nach dem Gesetz zum Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland möglich. Diese Rechtsgrundlagen sähen aber keinen Genehmigungstatbestand für Sportwetten vor. Der Gesetzgeber habe aus ordnungsrechtlichen Erwägungen, nämlich zum Schutz vor Ausnutzung des Spieltriebes und somit aus überragenden Gründen des Gemeinwohls die in Art. 12 GG garantierte Freiheit der Berufsausübung in zulässiger Weise eingeschränkt. Gleiches gelte für die Beschränkung der durch den EG-Vertrag gewährten Niederlassungsfreiheit durch § 284 StGB. Über den fristgerecht eingelegten Widerspruch der Antragstellerin ist noch nicht entschieden.
Am 19. August 2004 hat die Antragstellerin bei Gericht um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Sie macht im Wesentlichen Folgendes geltend: Identische Sportwetten würden in Hamburg bereits durch die staatliche Lottogesellschaft in 574 Lottoannahmestellen vertrieben. Wie sich aus dem Geschäftsbericht der Gesellschaft ergebe, würde für Sportwetten dabei in außerordentlich großem Umfang geworben. Ihr, der Antragstellerin, stehe ein aus Art. 12 GG abzuleitender Anspruch auf Genehmigung zu. Die von ihr ausgeübte Tätigkeit sei auch erlaubt. Denn die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 284 StGB lägen nicht vor. Insbesondere fehle es an einem “Veranstalten” von Glücksspielen. Tatsächlich würden auch lediglich Geschicklichkeitsspiele vermittelt. Die Tätigkeit verstoße auch nicht gegen die Normen der Lotterieverordnung. Die Lotterieverordnung sei schon von ihrem Wortlaut her nicht anwendbar. Eine Sportwette sei nach zwischenzeitlich unbestrittener Meinung keine Lotterie. Auch der Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland stehe der Tätigkeit der Antragstellerin nicht entgegen. Der Staatsvertrag regele die Rechtsbeziehungen der einzelnen Bundesländer untereinander und habe keine unmittelbare Außenwirkung gegenüber der Antragstellerin. Der Vertrag könne nicht als Rechtsgrundlage für das Verbot grundgesetzlich geschützter gewerblicher Tätigkeit herhalten, da er ein Parlamentsgesetz nicht ersetzen könne.
Im Urteil vom 28. März 2001 habe das Bundesverwaltungsgericht das staatliche Monopol bei Oddset-Wetten noch als vertretbar angesehen. Das Gericht habe jedoch nach Verstreichen einer gewissen Zeitspanne eine Überprüfung durch den Gesetzgeber gefordert, ob seine Einschätzung über das Erfordernis der Fernhaltung privater Veranstalter und Vermittler von derartigen Glücksspielen noch durch sachgerechte Erwägungen, die namentlich auch die Grundrechtsposition potentieller privater Interessenten einbeziehen, gerechtfertigt sein könne. Nachdem nunmehr nach mehr als drei Jahren alle Bundesländer die sog. Oddset-Wette betrieben, für diese aggressiv würben und ständig ihre Umsätze steigerten, sei es angezeigt, die vom Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2001 vertretene Rechtsauffassung auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Besonderer Anlass für eine neue rechtliche Bewertung bestehe auch aufgrund der Gambelli-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 6. November 2003, wonach eine nationale Regelung, die strafbewehrte Verbote der Entfaltung der Tätigkeit des Sammelns, der Annahme, der Bestellung und der Übertragung von Wetten, insbesondere über Sportereignisse, enthalte, eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs darstelle, wenn der betreffende Mitgliedsstaat keine Konzession oder Genehmigung erteile.
Die Antragstellerin beantragt,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr eine Erlaubnis zum Betrieb eines Büros zur Annahme und Vermittlung von Sportwetten...