Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Durchführung eines Bürgerentscheids wegen lediglich empfehlenden Charakters des Bezirksversammlungsbeschlusses zum Bürgerbegehren
Leitsatz (amtlich)
Eine Entscheidung zum Bürgerbegehren “Tempo 30 und Erhaltung der Busspur in der Stresemannstraße”
Tatbestand
Die Kläger sind die Vertrauensleute des Bürgerbegehrens “Tempo 30 und Erhaltung der Busspur in der Stresemannstraße”; sie möchten erreichen, daß über den Gegenstand des Bürgerbegehrens im Bezirk Altona ein Bürgerentscheid durchgeführt wird.
1. In der Folge eines Verkehrsunfalls im Jahre 1991, bei dem ein Kind ums Leben gekommen war, wurde in einem Teil der Stresemannstraße der rechte Fahrstreifen jeder Richtungsfahrbahn als Sonderfahrstreifen für Omnibusse und Taxen ausgewiesen; zusätzlich wurde die zulässige Geschwindigkeit auf 30 km/h beschränkt. Die Parteien, die nach der Bürgerschaftswahl am 23.9.2001 den Senat stellten, legten in ihrer Koalitionsvereinbarung die Absicht fest, den Verkehr auf der Stresemannstraße wieder auf ganzer Länge vierspurig bei Tempo 50 zu führen und dabei die Bussonderspuren aufzuheben.
2. Am 19.10.2001 zeigte die Klägerin zu 1 beim Bezirksamt Altona ein Bürgerbegehren mit folgender Fragestellung an: “Sind Sie dafür, dass in der Stresemannstraße wie bisher Tempo 30 gilt und die Busspur separat ausgewiesen ist?” Als Vertrauensleute waren die Kläger zu 1 bis 3 angegeben. Dieses Bürgerbegehren wurde im Amtlichen Anzeiger Nr. 137 vom 23.11.2001 (Seite 2330) bekannt gemacht. Mit Bescheid vom 18.2.2002 (mit diesem Datum an die Kläger abgesandt; siehe Anlage K 3 zur Klageschrift) stellte das Bezirksamt Altona gegenüber den Klägern fest, daß das Bürgerbegehren zustandegekommen und zulässig ist. Zwar habe über die Anbringung von Verkehrszeichen an der Stresemannstraße, einer Bundesstraße, nicht das Bezirksamt Altona zu entscheiden, doch könne die Bezirksversammlung in allen Angelegenheiten, die für den Bezirk von Bedeutung seien, deren Erledigung aber nicht in die bezirkliche Zuständigkeit falle, unverbindliche Empfehlungen aussprechen. Den gleichen Charakter habe im Falle der Annahme des Gegenstands ein Bürgerentscheid. Das Bezirksamt Altona unterrichtete die Bezirksversammlung am 28.2.2002 entsprechend.
Das Bezirksamt Altona ermittelte intern, daß die Durchführung eines Bürgerentscheids Sachkosten in Höhe von etwa 96.000 EUR v.a. für Produktion und Versand der Benachrichtigungs- und Briefabstimmungsunterlagen sowie der Informationsbroschüre und (maximal) 69.000 EUR an Portokosten für die zurücklaufenden Abstimmungsbriefe verursachen würde.
Am 15.3.2002 kündigte die Bezirksversammlungsfraktion der CDU in einer Presseinformation an, in der nächsten Sitzung der Bezirksversammlung dem Anliegen des Bürgerbegehrens zustimmen und damit die Durchführung eines Bürgerentscheids entbehrlich machen zu wollen. Zur Motivation dieser Entscheidung wurde ausgeführt:
“Pressesprecher …: “Bekanntlich handelt es sich bei diesem … Bürgerbegehren um eine Farce. Über die Stresemannstraße kann und darf laut Gesetz wegen der überregionalen Bedeutung nur der Senat entscheiden. Dies hat der Verkehrssenator nach Anhörung aller Betroffenen mit einer sinnvollen Kompromißlösung getan. … Es wäre ein Schildbürgerstreich, wenn man jetzt noch 165.000 Euro ausgibt, Bürger für Wahlbüros verpflichtet und alle Altonaer an einem Sonntag an die Wahlurnen bittet, obwohl es nichts zu entscheiden gibt. …
…
…: “Wir wollen im Interesse der Steuerzahler über unseren eigenen Schatten springen und gegen unsere klare Überzeugung dem Anliegen des Bürgerbegehrens am 28. März in der Bezirksversammlung zustimmen und selber eine entsprechende Empfehlung verabschieden.” Die Entscheidung des Verkehrssenators bliebe davon – ebenso wie von einem “Bürgerentscheid” unberührt.”
Die CDU-Fraktion legte daraufhin einen Beschlußvorschlag für die Sitzung der Bezirksversammlung Altona am 28.3.2002 vor (Drs. XVI/Nr. 113), der folgenden Wortlaut hat: “Die Bezirksversammlung Altona ist dafür, dass in der Stresemannstraße wie bisher Tempo 30 gilt und die Busspur separat ausgewiesen ist.” Dieser Antrag wurde in der Sitzung am 28.3.2002 als Tagesordnungspunkt 7 behandelt. In der Diskussion, in der es hauptsächlich um die Art und Weise des Vorgehens der CDU-Fraktion im Hinblick auf die Auswirkungen eines entsprechenden Bezirksversammlungs-Beschlusses auf das Bürgerbegehren ging, sprachen Frau … (GAL), Herr … (CDU) und Herr … (SPD). Nach einer Sitzungsunterbrechung meldeten sich noch Herr … (CDU) und erneut Frau … (GAL) zu Wort. Wegen der Einzelheiten wird auf den im Gerichtsverfahren zur Akte gereichten Auszug aus der Niederschrift über die 6. Sitzung der Bezirksversammlung Altona in der XVI. Wahlperiode (Anlage B1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 21.11.2002) verwiesen. Nachdem ein Antrag auf Nichtbefassung mit der Drs. XVI/Nr. 113 mehrheitlich abgelehnt worden war, verließen die anwesenden Mitglieder der Fraktionen von SPD und GAL den Sitzungssaal. An der anschließenden Abstimmu...