Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Beamter. Bezüge. Dienstbezüge. Zuschuss. Ergänzung. ruhegehaltsfähig. Anspruch. Voraussetzungen. Laufbahn. Befähigung. Schulabschluss. Gleichbehandlungsgrundsatz. Auslegung. Besoldung
Leitsatz (amtlich)
Um eine gegen Art. 3 GG verstoßende Ungleichbehandlung zu vermeiden, ist es geboten, das Tatbestandsmerkmal der Befähigungsvoraussetzungen i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 1 der 2. BesÜV (a.F.) so auszulegen, dass es nicht darauf ankommt, wo der zu den Vorbildungsvoraussetzungen gehörende allgemein bildende Schulabschluss erworben wurde (BRD/DDR).
Normenkette
BVerfGG § 95 Abs. 2, § 31 Abs. 1; VwGO § 75; GG Art. 3 Abs. 1; 2 BesÜV § 4 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
I. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin ab dem 07.09.1994 einen ruhegehaltsfähigen Zuschuss gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 der 2. Besoldungsübergangsverordnung zu gewähren.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in der selben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
1. Die 1967 in der ehemaligen DDR geborene Klägerin besuchte nach Beendigung der zehnklassigen polytechnischen Oberschule die erweiterte allgemein bildende polytechnische Oberschule, die sie 1986 mit Bestehen der Reifeprüfung abschloss. Im Juli 1991 beendete sie mit Erfolg ihr Studium als Diplomlehrerin. Mit Wirkung vom 01.09.1991 ernannte die Stadt Recklinghausen die Klägerin zur Stadtinspektoranwärterin. Nachdem die Klägerin die Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst in Nordrhein-Westfalen abgelegt hatte, wurde sie von der beklagten Stadt Schmalkalden mit Wirkung vom 07.09.1994 zur Stadtinspektorin z. A. ernannt. Die Ernennung zur Stadtinspektorin unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit erfolgte im März 1997. Seit der Begründung des Beamtenverhältnisses auf Probe erhält die Klägerin abgesenkte Dienstbezüge gemäß § 2 Abs. 1 der 2. Besoldungsübergangsverordnung (BesÜV). Am 19.10.1995 beantragte sie die Zahlung eines ruhegehaltfähigen Zuschusses in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den Bezügen nach § 2 Abs. 1 der 2. BesÜV und den bei gleichem Amt für das bisherige Bundesgebiet geltenden Dienstbezügen rückwirkend ab ihrer Ernennung zur Beamtin auf Probe gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 der 2. BesÜV (a.F.). Die Beklagte weigerte sich, den Antrag zu bescheiden.
2. Die Untätigkeitsklage wies das Verwaltungsgericht Meiningen durch Gerichtsbescheid vom 18.12.1997 sowie durch Urteil vom 05.02.1998 ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung eines ruhegehaltfähigen Zuschusses gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 der 2. BesÜV (a.F.). Sie habe nicht alle für die Laufbahn des gehobenen Dienstes erforderlichen Befähigungsvoraussetzungen im bisherigen Bundesgebiet erworben. Zum Begriff der Befähigungsvoraussetzungen im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 der 2. BesÜV (a.F.) seien die dienstrechtlich für den Befähigungserwerb erforderlichen Vor- und Ausbildungsvoraussetzungen zu zählen. Die Klägerin habe zwar den für die Laufbahn des gehobenen Dienstes erforderlichen Vorbereitungsdienst sowie die Laufbahnprüfung im bisherigen Bundesgebiet absolviert. Voraussetzung für die Laufbahn des gehobenen Dienstes sei gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 ThürBG i.V.m. § 29 Nr. 2 ThürLbVO aber weiterhin der Erwerb der Fachhochschulreife oder einer anderen zu einem Hochschulstudium berechtigenden Schulbildung. Diese Voraussetzung habe die Klägerin nicht im bisherigen Bundesgebiet erlangt.
Den Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte das Thüringer Oberverwaltungsgericht durch Beschluss vom 24.08.1999 ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf einen ruhegehaltfähigen Zuschuss. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts umfasse der in § 4 der 2. BesÜV (a.F.) verwandte Begriff der Befähigungsvoraussetzungen die dienstrechtlich für den Befähigungserwerb geforderten Vor- und Ausbildungsvoraussetzungen, mit der Folge, dass der Anspruch auf einen ruhegehaltfähigen Zuschuss nur dann bestehe, wenn der nach dem Laufbahnrecht für die jeweilige Laufbahn erforderliche Vorbildungsabschluss, der Vorbereitungsdienst im laufbahnrechtlichen Rahmen und – soweit vorgeschrieben – die Laufbahnprüfung im bisherigen Bundesgebiet absolviert worden seien.
3. Mit der am 04.10.1999 erhobenen Verfassungsbeschwerde rügte die Klägerin die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 GG, Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG sowie aus Art. 33 Abs. 5 GG. Die Ungleichbehandlung liege darin, dass Beamtengruppen mit gleicher beruflicher Qualifikation und Ausbildung nur deshalb unterschiedlich zu besolden seien, weil sie über eine unterschiedliche Schulbildung verfügten. Die unterschiedliche Schulbildung stel...