Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufnahme in eine Integrationskindergartengruppe. Antrag nach § 123 VwGO
Nachgehend
Tenor
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerinnern. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Der Antrag der Antragstellerinnen, die Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie mit Beginn der Kindergartenjahres 2005/2006 vorläufig in die Integrationsgruppe des Kindergartens H. in I. aufzunehmen und die Kosten der Integration zu übernehmen, hat keinen Erfolg.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung – vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen – zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass sowohl ein Anordnungsgrund, der insbesondere die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung begründet, als auch ein Anordnungsanspruch, d.h. ein materieller – in einem Hauptsacheverfahren zu verfolgender – Anspruch, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, glaubhaft gemacht ist (§§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2 ZPO).
Die Antragstellerinnen haben keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Nach im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglicher, aber auch ausreichender summarischer Prüfung können die Antragstellerinnen die begehrte Aufnahme in die Integrationsgruppe des Kindergartens H. und damit auch die Übernahme der Kosten der Integrationsmaßnahme nicht verlangen.
Der gegen die Antragsgegnerin zu 1. gerichtete Anspruch scheitert schon an der nicht gegebenen Passivlegitimation der Stadt J.. Der Anspruch auf einen Kindergartenplatz nach § 12 des Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder in Niedersachsen – KiTaG – ist gegen den örtlichen Träger der Jugendhilfe geltend zu machen. Örtlicher Träger der Jugendhilfe ist hier der Antragsgegner zu 2. Zwar haben der Antragsgegner zu 2. und die Antragsgegnerin zu 1. im Jahr 2002 eine Vereinbarung geschlossen, wonach die Antragsgegnerin zu 1. Aufgaben der öffentlichen Jugendhilfe wahrnimmt. Durch diese Vereinbarung ist jedoch eine Verlagerung von Aufgaben des Jugendhilfeträgers, die diesem gesetzlich zugewiesen sind, auf die Antragsgegnerin nicht erfolgt. Vielmehr handelt es sich hierbei nur um eine Übertragung der verwaltungsmäßigen Abwicklungen der Aufgaben des Jugendhilfeträgers (vgl. auch Nds. OVG, Beschluss vom 16. Juni 1997, FEVS 48, 213 ff). So ist in § 3 Abs. 1 der Vereinbarung auch ausdrücklich bestimmt, dass sich der Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Tageseinrichtung für Kinder gegen den Landkreis als dem örtlichen Träger der Jugendhilfe richtet.
Die Antragstellerinnen können aber auch von dem Antragsgegner zu 2. die Aufnahme in die Integrationsgruppe des Kindergartens H. nicht verlangen.
Der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für behinderte Kinder richtet sich nach § 12 Abs. 2 KiTaG. Hiernach haben Kinder, die wesentlich behindert im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX und leistungsberechtigt gemäß § 53 Abs. 1 SGB XII sind und infolge ihrer Behinderung der Hilfe in einer teilstationären Einrichtung bedürfen, Anspruch auf einen Platz in einer solchen Einrichtung. Dass es sich bei den Antragstellerinnen um (körperlich) wesentlich behinderte Kinder handelt, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Zu den teilstationären Einrichtungen gehören neben Sonderkindergärten auch Kindergärten, die – wie der hier in Rede stehende, allerdings nur mit einer Gruppe – als integrative Einrichtung zur gemeinsamen Betreuung von behinderten und nichtbehinderten Kindern eingerichtet und vom Landesjugendamt genehmigt sind. § 3 Abs. 6 KiTaG bestimmt, dass wesentlich behinderte Kinder nach Möglichkeit in einer ortsnahen Kindertagesstätte gemeinsam mit nicht behinderten Kindern in einer Gruppe betreut werden, worauf das Land, die örtlichen Träger der Jugendhilfe und die Gemeinden hinzuwirken haben. Die Formulierungen der genannten Vorschrift enthalten das Ziel, die integrativen Gruppen möglichst im ganzen Land einzuführen, womit der Gesetzgeber der integrativen Erziehung den Vorrang vor einer gesonderten Betreuung in Spezialeinrichtungen gibt. Einen Anspruch auf gemeinsame Erziehung im (Regel-)Kindergarten erhalten die behinderten Kinder damit allerdings nicht, wenn keine Plätze zur Verfügung stehen. Der Rechtsanspruch auf eine...