Wie bereits oben ausgeführt, muss bei der Installation von Videoüberwachungsanlagen auf einem Privatgrundstück sichergestellt sein, dass weder der angrenzende öffentliche Bereich noch benachbarte Privatgrundstücke oder der gemeinsame Zugang zu diesen von den Kameras erfasst werden, sofern nicht ein das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen überwiegendes Interesse des Betreibers der Anlage im Rahmen der Abwägung bejaht werden kann. Diese Rechtsprechung hat der BGH auch auf das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander übertragen: Eine Videoüberwachung in einer Wohnungseigentumsanlage ist zulässig, wenn das Überwachungsinteresse der Gemeinschaft das Interesse des einzelnen Wohnungseigentümers und von Dritten, deren Verhalten mitüberwacht wird, überwiegt und wenn die Ausgestaltung der Überwachung inhaltlich und formell dem Schutzbedürfnis des Einzelnen ausreichend Rechnung trägt.
4.1 Ordnungsmäßige Verwaltung
Die Videoüberwachung von Teilen des Gemeinschaftseigentums ist eine Maßnahme der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums zum Schutz der Wohnanlage und ihrer Bewohner. Die mit dem Einbau der Videoanlage angestrebte Überwachung muss den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen.
Einbruch und Sachbeschädigung
Eine Videoüberwachung ist sinnvoll, wenn es in der Vergangenheit mehrfach zu Verwüstungen in den Aufzügen und zu Einbrüchen in Wohnungen gekommen ist. Hat die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) darüber hinaus zuvor Gegensprechanlagen installiert und Magnetkarten für die Zugangsberechtigung der Bewohner eingeführt, ohne dass hierdurch weitere Verwüstungen und Einbrüche verhindert werden konnten, kann der Einbau einer Videoüberwachungsanlage erforderlich sein, weil die GdWE ein berechtigtes Interesse an der Überwachung hat, um künftige Straftaten abwehren und verhindern zu können.
Nach der Rechtsprechung des BGH genügt es den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung aber nicht, dass die Überwachung die Verwaltung und den Schutz des Gemeinschaftseigentums erleichtert. Es müssen darüber hinaus auch die für eine Überwachung bestehenden gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden und es muss das Gemeinschaftsinteresse an der Überwachung mit den Interessen des einzelnen Wohnungseigentümers und mitbetroffener Dritter gegeneinander abgewogen werden.
Datenschutz nach DSGVO
Die Videoüberwachung stellt eine Verarbeitung personenbezogener Daten i. S. d. Art. 6 Abs. 1f DSGVO dar und muss deshalb kumulativ folgende Voraussetzungen erfüllen:
- die GdWE nimmt ein berechtigtes Interesse wahr,
- um dieses berechtigte Interesse zu wahren, ist die Videoaufzeichnung erforderlich und
- die Grundrechte betroffener Personen überwiegen nicht die berechtigten Interessen der GdWE.
Berechtigtes Interesse
Ein berechtigtes Interesse ist anzunehmen, wenn es in der Vergangenheit zu Straftaten gekommen ist und die Gemeinschaft künftige Straftaten abwehren möchte (siehe vorstehenden Hinweis zu "Einbruch und Sachbeschädigung"). Unzulässig wäre eine Videoüberwachung, wenn damit Ansprüche gegen einzelne Wohnungseigentümer wegen einer unzulässigen Nutzung ihrer Wohnung geltend gemacht werden sollen. oder eine Überwachung des Müllraums dazu dient, die Bewohner zur ordnungsgemäßen Müllentsorgung zu "erziehen".
4.2 Bauliche Veränderung
Beim Einbau einer Videoüberwachungsanlage handelt es sich um eine bauliche Veränderung. Seit Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) am 1.12.2020 sind bauliche Veränderungen einfach-mehrheitlich zu beschließen. Jeder Wohnungseigentümer kann außerdem nach § 20 Abs. 2 Nr. 3 WEG angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die dem Einbruchschutz dienen, wozu auch eine Videoüberwachungsanlage zählt.
4.3 Beschlussinhalt
Ein Beschluss über den Betrieb einer Videoüberwachungsanlage muss verbindlich festlegen, welche Regeln hierfür gelten sollen, damit der Umfang der Überwachung und ihre Bedingungen für jeden transparent und jederzeit verifizierbar sind. Dabei sind insgesamt stets die Vorgaben des Datenschutzrechts (berechtigtes Interesse, Erforderlichkeit und Abwägung im Einzelfall) zu beachten. Ohne die Berücksichtigung der nachfolgenden Punkte ließe sich nach Auffassung des BGH eine Beeinträchtigung des geschützten Interesses des einzelnen Wohnungseigentümers an der Wahrung seiner Privatsphäre nicht verhindern und der Betrieb einer Überwachungsanlage widerspräche den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung: