Sichtkontrolle

Grundsätzlich hat der verkehrssicherungspflichtige Grundstücksbesitzer Straßenbäume regelmäßig, d. h. 2-mal im Jahr zu kontrollieren, einmal im belaubten und einmal im unbelaubten Zustand.[1] Dazu genügt eine äußere Sichtprüfung des Baumes bezogen auf die Gesundheit und Standsicherheit des Baumes.[2]

Sachverständige Kontrolle

Eine eingehende fachmännische Untersuchung hingegen ist nur dann vorzunehmen, wenn Anhaltspunkte vorliegen, die erfahrungsgemäß auf eine besondere Gefährdung hindeuten. Solche Anzeichen sind etwa

  • spärliche oder trockene Belaubung,
  • dürre Äste oder Totholz,
  • äußere Verletzungen,
  • Wachstumsauffälligkeiten,
  • Pilzbefall,
  • Vorliegen eines Druckzwiesels, d. h. eines mehrstämmigen Baumstamms mit etwa gleichmäßigem Dickenwachstum der Stämme, bei dem der Druck der Teilstämme an sich gegeneinander gerichtet ist.

Dann reicht eine 2-mal jährlich vorgenommene äußere Sichtprüfung nicht aus.[3]

Erhöhtes Risiko bei bestimmten Baumarten

Allein der Umstand, dass bei manchen Baumarten ein erhöhtes Risiko bestehe, dass auch im gesunden Zustand Äste abbrechen, führt nicht dazu, dass diese Bäume als im Verkehrsinteresse grundsätzlich zu beseitigende Gefahrenquellen eingestuft werden müssten und der Verkehrssicherungspflichtige weitergehende Schutzmaßnahmen zu ergreifen hätte. Ein natürlicher Astbruch, für den vorher keine besonderen Anzeichen bestanden haben, gehört auch bei hierfür anfälligeren Baumarten – wie etwa bei Pappeln oder anderen Weichhölzern – grundsätzlich zu den naturgebundenen und daher hinzunehmenden Lebensrisiken.[4]

Gleichwohl wird in der Rechtsprechung gelegentlich danach differenziert, um welche Baumart es sich handelt. So ist fachlich bekannt, dass Scheinakazien – auch relativ junge Bäume – zu Stockfäule im Bereich des Wurzelstocks und des Stammfußes neigen. War eine Scheinakazie bereits zum Zeitpunkt der letzten Baumkontrolle im Wurzelbereich erheblich geschädigt und hätte dies von einem fachkundigen Kontrolleur ohne Weiteres erkannt werden können, wäre die Vornahme weiterer baumpflegerischer Maßnahmen geboten gewesen.[5]

[1] OLG Düsseldorf, Urteil v. 15.3.1990, 18 U 228/89, VersR 1992 S. 467; LG Kaiserslautern, Urteil v. 26.9.2005, 3 O 1030/04, NJOZ 2006 S. 1414.
[2] OLG Saarbrücken, Urteil v. 26.11.2015, 4 U 64/14, NJW-RR 2016 S. 221 (Platanen).
[3] OLG Hamm, Urteil v. 31.10.2014, 11 U 57/13, r+s 2015 S. 467 (Linde); OLG Brandenburg, Urteil v. 15.1.2019, 2 U 49/17, NJW-RR 2019 S. 343 (Linde).
[4] BGH, Urteil v. 6.3.2014, III ZR 352/13, NJW 2014 S. 1588 (Pappel).

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?