Alexander C. Blankenstein
§ 648a BGB verleiht beiden Vertragsparteien das Recht, den Werkvertrag aus wichtigem Grund zu kündigen. Eine Beschränkung des Kündigungsrechts auf Werkverträge, die auf längere Zusammenarbeit angelegt sind, sieht das Gesetz nicht vor, womit jeder Werkvertrag aus wichtigem Grund gekündigt werden kann. Nach § 648a Abs. 1 Satz 2 BGB liegt ein wichtiger Grund vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Werks nicht zugemutet werden kann.
§ 648a Abs. 3 BGB verweist auf die entsprechende Anwendung des § 314 Abs. 2 und 3 BGB, welcher die Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund regelt. Besteht nach § 314 Abs. 2 BGB der wichtige Grund in der Verletzung einer Vertragspflicht, ist die Kündigung erst
- nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder
- nach erfolgloser Abmahnung
zulässig.
Die Dauer der Abhilfefrist richtet sich stets nach den Maßgaben des Einzelfalls. § 626 Abs. 2 BGB, wonach die Kündigung eines Dienstvertrags innerhalb von 2 Wochen nach Kenntnisnahme des zur Kündigung berechtigten Grunds zu erfolgen hat, ist jedenfalls nicht entsprechend anwendbar. Es gibt nach § 314 Abs. 3 BGB keine starre Kündigungsfrist. Der Berechtigte darf sich aber nicht so verhalten, als ob er die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für zumutbar hält.
Eine Fristsetzung ist nach § 323 Abs. 2 BGB entbehrlich, wenn
- der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
- der Schuldner die Leistung bis zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer im Vertrag bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung nach einer Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner vor Vertragsschluss oder aufgrund anderer den Vertragsabschluss begleitenden Umstände für den Gläubiger wesentlich ist, oder
- im Fall einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.
Teilkündigung
Nach § 648a Abs. 2 BGB ist auch eine Teilkündigung möglich, wenn sie sich auf einen abgrenzbaren Teil des geschuldeten Werks bezieht. Zunächst scheint die Regelung im Widerspruch zu § 648a Abs. 1 BGB zu stehen, da bezüglich der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses auf Unzumutbarkeit abgestellt wird. § 648a Abs. 3 BGB betrifft daher nur solche Fälle, die allein beschränkt auf eine Teilleistung die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses als unzumutbar erscheinen lassen. Der Unternehmer ist also bezüglich mehrerer Gewerke beauftragt und die Arbeiten lediglich an einem hiervon stehen im Streit.
Leistungsstandfeststellung
Nach § 648a Abs. 4 BGB sind beide Parteien nach der Kündigung auf Verlangen der anderen Partei zu einer gemeinsamen Feststellung des Leistungsstandes verpflichtet. Sie soll allein der quantitativen Bewertung der bis zur Kündigung erbrachten Leistungen dienen. Ihr kommt keine der Abnahme vergleichbare Rechtsfolge zu. Diejenige Partei, die sich der Mitwirkung verweigert oder dem bestimmten Termin unentschuldigt fernbleibt, trifft die Beweislast hinsichtlich des Leistungsstands zum Zeitpunkt der Kündigung.
Vergütung
§ 648a Abs. 5 BGB regelt, dass dem Unternehmer im Fall einer berechtigten Kündigung aus wichtigem Grund immer nur der Teil der Vergütung zusteht, der auf den bis zur Kündigung erbrachten Teil des Werks entfällt. Im Übrigen wird die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, nach § 648a Abs. 6 BGB durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.
Insolvenz des Unternehmens
Zwar birgt die Fortführung des Vertragsverhältnisses in der Insolvenz des Unternehmers für den Besteller Risiken. Allerdings hat stets eine Prüfung zu erfolgen, ob die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses tatsächlich für den Besteller unzumutbar ist. Bei dieser Prüfung ist auch zu berücksichtigen, ob der Insolvenzverwalter zeitnah erklärt, die Bauleistungen ohne wesentliche Unterbrechungen fortzuführen und durch geeignete Unterlagen dokumentiert, dass er dazu auch in der Lage ist.