Alexander C. Blankenstein
1 Wirtschaftlichkeitsgebot
In Übereinstimmung mit der ursprünglichen und nicht mehr geltenden Bestimmung des § 5 Abs. 1 EnEG regelt § 5 Satz 1 GEG den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz:
§ 5 GEG – Grundsatz der Wirtschaftlichkeit
1Die Anforderungen und Pflichten, die in diesem Gesetz oder in den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen aufgestellt werden, müssen nach dem Stand der Technik erfüllbar sowie für Gebäude gleicher Art und Nutzung und für Anlagen oder Einrichtungen wirtschaftlich vertretbar sein. 2Anforderungen und Pflichten gelten als wirtschaftlich vertretbar, wenn generell die erforderlichen Aufwendungen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer durch die eintretenden Einsparungen erwirtschaftet werden können. 3Bei bestehenden Gebäuden, Anlagen und Einrichtungen ist die noch zu erwartende Nutzungsdauer zu berücksichtigen.
Nach dieser Vorschrift müssen die Anforderungen des GEG nach dem Stand der Technik zunächst überhaupt erfüllbar sein. Diese Selbstverständlichkeit ergibt sich bereits aus Gründen der Sachlogik.
Wirtschaftliche Vertretbarkeit
Wichtiger ist das Postulat "wirtschaftlicher Vertretbarkeit". Nach § 5 Satz 2 GEG sind Anforderungen und Pflichten nach dem GEG dann wirtschaftlich vertretbar, wenn die erforderlichen Aufwendungen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer durch die eintretenden Einsparungen erwirtschaftet werden können. Für Bestandsgebäude ist nach § 5 Satz 3 GEG die noch zu erwartende Nutzungsdauer, also die Restnutzungsdauer zu berücksichtigen. Bezüglich der wirtschaftlichen Vertretbarkeit stellt § 5 Satz 1 GEG auf Gebäude gleicher Art und Nutzung ab. Hieraus folgt eine fallgruppenbezogene Betrachtungsweise, die sich insbesondere auf die im GEG selbst geregelten unterschiedlichen Bautypen bezieht, wie etwa Wohngebäude, Nichtwohngebäude, Zweifamilienhäuser und Baudenkmäler.
Finanzielle Leistungsfähigkeit ist kein Kriterium
Aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung des § 5 GEG ergibt sich, dass individuelle Faktoren, wie insbesondere die finanzielle Leistungsfähigkeit, nicht vom Anwendungsbereich der Norm umfasst sind.
2 Ausnahmen
Das GEG 2020 hatte noch Ausnahmeregelungen in § 47 Abs. 4 GEG a. F. bezüglich der Verpflichtung zur nachträglichen Dachgeschossdämmung und in § 71 Abs. 2 GEG a. F. bezüglich der Verpflichtung zur nachträglichen Dämmung bislang ungedämmter Wärmeverteilungs- und Warmwasserleitungen vorgesehen. Beiden Ausnahmeregelungen lag der Grundsatz zugrunde, dass die für eine Nachrüstung erforderlichen Aufwendungen nicht zumutbar sind, wenn sie durch die eintretenden Einsparungen nicht innerhalb angemessener Frist erwirtschaftet werden können.
Beide Ausnahmeregelungen haben im GEG 2024 keine Entsprechung mehr gefunden. Während § 47 Abs. 4 GEG nunmehr den Anwendungsbereich der Ausnahme auf Wohngebäude mit nicht mehr als 2 Wohnungen beschränkt, von denen der Eigentümer eine Wohnung selbst bewohnt, gibt es die Ausnahmeregelung des § 71 Abs. 2 GEG gar nicht mehr.
§ 71 Abs. 1 GEG a. F. wurde ab 1.1.2024 in den Regelungsbereich von § 69 GEG überführt und bildet den neuen Absatz 2 dieser Norm. § 69 Abs. 2 GEG sieht keine Ausnahme mehr von den Pflichten vor, wenn die für eine Nachrüstung erforderlichen Aufwendungen durch die eintretenden Einsparungen nicht innerhalb angemessener Frist erwirtschaftet werden können. Hier kann allenfalls eine Befreiung von den Pflichten nach § 102 GEG in Betracht kommen (siehe nachfolgend Kap. 3).
Der Beurteilungsmaßstab der angemessenen Frist bezüglich des mit Außenflächen vergleichbaren Bauteils der obersten Geschossfläche nach § 47 GEG dürfte dabei bei 25 Jahren liegen. Maßgeblich ist insoweit, dass eine objektbezogene Wirtschaftlichkeitsbetrachtung geboten ist und subjektive Umstände, insbesondere fehlende finanzielle Mittel, unberücksichtigt bleiben, wobei auch hier eine Befreiung von den Pflichten nach § 102 GEG in Betracht kommen kann.
3 Befreiungen
§ 102 Abs. 1 GEG – Befreiungen
(1) 1Die nach Landesrecht zuständigen Behörden haben auf Antrag des Eigentümers oder Bauherren von den Anforderungen dieses Gesetzes zu befreien, soweit
- die Ziele dieses Gesetzes durch andere als in diesem Gesetz vorgesehene Maßnahmen im gleichen Umfang erreicht werden oder
- die Anforderungen im Einzelfall wegen besonderer Umstände durch einen unangemessenen Aufwand oder in sonstiger Weise zu einer unbilligen Härte führen.
2Eine unbillige Härte liegt insbesondere vor, wenn die erforderlichen Aufwendungen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer, bei Anforderungen an bestehende Gebäude innerhalb angemessener Frist durch die eintretenden Einsparungen nicht erwirtschaftet werden können, das heißt, wenn die notwendigen Investitionen nicht in einem angemessenen Verhältnis zum Ertrag ste...