Der Wirtschaftsplan stellt das wichtigste Element der Mittelbeschaffung innerhalb der Gemeinschaft dar. Er beinhaltet die in der Gemeinschaft in der laufenden Wirtschaftsperiode voraussichtlich anfallenden Kosten. Der Wirtschaftsplan ist eine in die Zukunft gerichtete Prognose – in aller Regel gestützt auf Erfahrungswerte der Vergangenheit. Welche Kosten tatsächlich in der Wirtschaftsperiode anfallen, lässt sich nicht exakt voraussagen, insbesondere vor dem Hintergrund steigender Energiepreise. Da eine ausreichende finanzielle Ausstattung der Gemeinschaft von überragender Bedeutung ist, wird dem Verwalter und der Gemeinschaft zur Vermeidung von Liquiditätsengpässen aufgrund z. B. unerwarteter Kostensteigerungen während der laufenden Wirtschaftsperiode ein weites Ermessen zugebilligt.[1]

Ein Ermessensfehlgebrauch durch einen Ansatz wesentlich zu hoher oder zu niedriger Kosten wird regelmäßig nur im Ausnahmefall einen Anfechtungsgrund darstellen.

 

Beobachtung der Kostenentwicklung vergangener Wirtschaftsperioden

Der Verwalter sollte sich im Rahmen der Kostenkalkulation nicht nur an den Kosten der Vorwirtschaftsperiode orientieren, sondern vielmehr die Kostenentwicklung der vergangenen 3 bis 5 Wirtschaftsperioden im Blick behalten. Ergibt sich eine stetige Kostenzunahme, ist dies zu berücksichtigen. Stellt sich in der laufenden Wirtschaftsperiode jedenfalls heraus, dass die Ansätze im Wirtschaftsplan zu gering waren und demnach die von den Wohnungseigentümern zu leistenden Hausgeldvorschüsse nicht ausreichen, die Verbindlichkeiten zu begleichen, hat der Verwalter unverzüglich eine Beschlussfassung über eine Sonderumlage bzw. eine Ergänzung des Wirtschaftsplans herbeizuführen.[2] Setzen die Wohnungseigentümer statt dessen die zu leistenden Vorschüsse neu fest, wird mit dieser Beschlussfassung der Beschluss über die ursprünglich festgesetzten Vorschüsse – wenn nicht ausdrücklich so doch in aller Regel konkludent – aufgehoben. Die allgemeine Problematik der Zweitbeschlussfassung, wonach der Zweitbeschluss individuelle Rechtspositionen der einzelnen Eigentümer aus dem Erstbeschluss nicht beeinträchtigen darf, stellt sich wegen der Vorläufigkeit des Wirtschaftsplans und der auf seiner Grundlage zu leistenden Vorschüsse hier nicht.

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge