1 Leitsatz

Hat ein Wohnungseigentümer seinem Mieter die Zustimmung zur begehrten Nutzungsänderung einer Wohnung in eine "Prostitutionsstätte" verweigert, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für eine Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Baugenehmigung, solange nichts auf eine Bereitschaft des Wohnungseigentümers hindeutet, seinen Standpunkt aufzugeben.

2 Normenkette

§§ 1, 10, 13 WEG; § 34 Abs. 1 BauGB

3 Das Problem

Mieterin K beantragt bei der Baugenehmigungsbehörde B, den Nutzungszweck der von ihr von Wohnungseigentümer Z angemieteten Wohnung von "Wohnen" in eine gewerbliche Nutzung in Gestalt einer "Prostitutionsstätte" zu ändern. Dies lehnt B ab. K klagt daher auf die Genehmigung. Sie trägt vor, der Betrieb sei nicht störend. Die gewerbliche Nutzung sei in keiner Weise äußerlich kenntlich gemacht. B meint hingegen, das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig. Die maßgeblichen Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 BauGB seien nicht erfüllt. Das Vorhaben füge sich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Nach Anhörung der Beteiligten weist das VG die Klage mit Gerichtsbescheid ab. Dagegen wendet sich K.

4 Die Entscheidung

Ohne Erfolg! Die Verpflichtungsklage sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig. Denn der vermietende Wohnungseigentümer Z habe gegenüber B erklärt, mit der Nutzungsänderung nicht einverstanden zu sein. Die Verweigerung der Zustimmung zur Nutzungsänderung durch Z stelle ein schlechthin nicht ausräumbares Hindernis dar. Darauf, ob ein Vermieter von Wohnraum eine berufliche Tätigkeit von Mietern zu dulden oder Z eine solche teilweise gewerbliche oder (frei-)berufliche Nutzung im Einzelfall nach Treu und Glauben zu erlauben habe, komme es nicht an. Denn Gegenstand dieses Verfahrens sei die Genehmigung der Nutzungsänderung vom Nutzungszweck Wohnen zu einer ausschließlich gewerblichen Nutzung als Prostitutionsstätte. In der im Rahmen des Bauantrags eingereichten Betriebsbeschreibung habe K als Nutzungszweck die Vermietung von Arbeitsräumen, um der Prostitution nachzugehen, angegeben. Soweit K jetzt vortrage, sie nutze die Räumlichkeiten auch selbst, könne es sich hierbei angesichts der begehrten Genehmigung der Nutzungsänderung nicht um eine Wohnnutzung handeln. Vor diesem Hintergrund könne auch offenbleiben, ob es nach der Verkehrsanschauung noch innerhalb des Begriffs des Wohnens liege, wenn ein Mieter in der von ihm bewohnten Wohnung der Prostitution nachgehe. Unabhängig davon wäre eine zivilrechtliche Verpflichtung des Z zur Duldung oder Erlaubnis der Nutzung der Wohnung als Prostitutionsstätte schon deswegen ausgeschlossen, weil mit Blick auf die wechselnden transsexuellen Prostituierten, denen K die gesamte Wohnung – nach eigenem Vortrag zur "gelegentlichen Mitnutzung" – untervermiete, schon keine teilgewerbliche Nutzung gegeben sei.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall begehrt ein Mieter in Bezug auf eine Wohnung, dass ihm eine Nutzungsänderung gestattet wird.

Nutzungsänderung

Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist eine Nutzungsänderung zulässig, wenn sie sich nach Art und Maß in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

Gewerbe in Wohnung

Innerhalb einer Wohnung darf grundsätzlich keinem Gewerbe nachgegangen werden. Ein Wohnungseigentümer darf daher einem Mieter nicht gestatten, die Wohnung für ein Gewerbe zu gebrauchen. Im Übrigen wird überwiegend davon ausgegangen, dass die Ausübung der Prostitution in ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen in einer Wohnung generell unzulässig sei, unabhängig davon, ob die Nutzung nur zu Wohnzwecken oder auch zu gewerblichen Zwecken zulässig sei. Zum Teil wird die Ausübung der Prostitution jedenfalls in reinen Wohnanlagen oder Mischanlagen als unzulässig erachtet. Andere meinen, entscheidend seien mit unterschiedlicher Gewichtung die konkreten Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Umstände vor Ort. Einige differenzieren weiter ausdrücklich danach, ob die Ausübung der Prostitution im Wohnungs- oder Teileigentum stattfindet.

Berufsausübung durch Mieter

Unter "Wohnen" versteht der BGH in Mietsachen auch berufliche Tätigkeiten, die der Mieter – beispielsweise im häuslichen Arbeitszimmer – in einer nicht nach außen in Erscheinung tretenden Weise ausübt. Der BGH hat hier beispielhaft hierfür die Unterrichtsvorbereitung eines Lehrers, die Telearbeit eines Angestellten, die schriftstellerische Tätigkeit eines Autors sowie den Empfang oder die Bewirtung von Geschäftsfreunden angeführt. Für die Aufnahme derartiger Tätigkeiten, die mit dem vertraglich vereinbarten Nutzungszweck im Einklang stünden, bedürfe es keiner Erlaubnis des Vermieters. Hingegen müsse der Vermieter in ausschließlich zu Wohnzwecken vermieteten Räumen geschäftliche (gewerbliche oder [frei-]berufliche) Aktivitäten des Mieters, die nach außen in Erscheinung treten, grundsätzlich nicht ohne entsprechende vorherige Vereinbarung dulden. Erteilt ein Mieter beispielsweise an 3 Werktagen in der Woche 1...

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