Die Lage bei Investitionen in den Wohnungsbau ist schwierig und wird es bleiben, heißt es im Frühjahrsgutachten 2024 des Rats der Immobilienweisen, das am 20. Februar in Berlin an Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) übergeben wurde. Auftraggeber der seit 2003 jährlich erscheinenden Publikation ist der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA).
Die Experten kritisierten bei der Vorstellung des Gutachtens, das auch die gesamtwirtschaftliche Entwicklung analysiert, zu hohe staatliche Abgaben und teils unzureichende Förderangebote. So fehlen in Deutschland allein in diesem Jahr 600.000 Wohnungen. 2027 sollen es sogar 830.000 sein. Gefordert seien jetzt vor allem die Länder.
ZIA: "Wer heute baut, geht bankrott"
"Bauen ist heute faktisch unmöglich", sagte ZIA-Präsident Andreas Mattner in Berlin. Entwickler von Wohnungen kämen erst bei einer Durchschnittsmiete von 21 EUR pro Quadratmeter auf eine Schwarze Null. Das sei nicht mehr zu stemmen. "Wer heute baut, geht bankrott." Das Ziel der Bundesregierung, 400.000 Wohnungen pro Jahr zu bauen, rücke in weite Ferne, sagte der Immobilienweise Feld.
Nach einer Prognose des Forschungsnetzwerks Euroconstruct, dem das Ifo-Institut angehört, dürften 2026 in Deutschland 175.000 Wohneinheiten fertiggestellt werden – das wären 95.000 weniger als 2023. Laut der Prognose geht die Zahl fertiggestellter Wohnungen in 19 untersuchten europäischen Ländern in den kommenden Jahren nur in Schweden noch stärker zurück als in Deutschland.
"Vor allem wegen der stark gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten ist der Wohnungsneubau in Deutschland oftmals nicht mehr möglich", kritisierte Ifo-Bauexperte Ludwig Dorffmeister. Die Politik habe die Rahmenbedingungen bislang nicht entscheidend verbessert.
Staatsquote beim Bauen senken
Die Immobilienweisen sehen einen Grund für fehlende Investitionen in den Wohnungsbau in den hohen staatlichen Abgaben. ZIA-Präsident Mattner sprach von Deutschland als dem "Europameister bei der Staatsquote" und nannte die Grunderwerbsteuer, die Umsatzsteuer, strenge technische Baubestimmungen und hohe energetische Anforderungen.
Die Staatsquote liege derzeit bei 37 % und damit teils deutlich über anderen europäischen Ländern wie Österreich (7 %), Frankreich (19 %) oder Polen (30 %). Würde die Quote z. B. auf 22 % gesenkt, lägen Mieten von aktuell 15 EUR nur noch bei 12,80 EUR pro Quadratmeter.
Gefragt seien jetzt vor allem die Bundesländer, die Grunderwerbsteuer und kommunale Abschöpfungsprogramme auszusetzen, forderte Mattner. Ein vorübergehender Verzicht wäre für die Branche "der Superturbo". Ministerin Geywitz sprang dem Verbandsdirektor bei: Die Länder hätten die Grunderwerbsteuer immer mehr in die Höhe gesetzt. Nun müssten sie prüfen, welchen Beitrag sie durch eine Senkung leisten könnten.
Positiv bewertete der ZIA das neue Förderprogramm für klimafreundlichen Neubau im Niedrigpreissegment, für das der Bund 2024 eine Milliarde EUR zur Verfügung stellen will. Der Verband denke aber größer: Ein KfW-Programm, das die Marktzinsen auf 2 % senke, brächte bei einer Fördersumme von 3 Mrd. EUR 100.000 zusätzliche Wohnungen. Bei 9 Mrd. EUR wären es schon 300.000 neue Wohnungen.
Ökonomen für das Wachstumschancengesetz
Für die Immobilienwirtschaft seien "bessere strukturelle Rahmenbedingungen" nötig, so auch die Gutachter. Zwar habe die Regierung Abschreibungsmöglichkeiten im Wohnungsbau in Form einer befristeten degressiven AfA und eine Sonderabschreibung für den Mietwohnungsbau beschlossen, allerdings hänge das Gesetz fest, in dem das geregelt werde.
Das Wachstumschancengesetz wäre ein "Schritt in die richtige Richtung", sagte Ökonom Feld. Er halte es für völlig falsch, eine Verbindung herzustellen zwischen einem Gesetz, das bessere Bedingungen für Unternehmensinvestitionen schaffen will – unter anderem durch steuerliche Entlastungen und beschleunigte Genehmigungsverfahren – und Steuersubventionen im Rahmen des Agrardiesel.
Der Bundesrat hatte das Wachstumschancengesetz blockiert, weil es zu Einnahmeausfällen bei den Ländern führt. Deshalb steckt es im Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat fest.
Die Analysen der wirtschaftlichen Lage und Entwicklung deuten laut Feld auf ein weiteres schwieriges Jahr für die Immobilienwirtschaft hin. Ansatzpunkte sind aus seiner Sicht: Die Länder sind das "steuerpolitische Sorgenkind" – der Bund solle deshalb seine Möglichkeiten, etwa die Reform des Baugesetzbuchs, optimal nutzen – und die Regulierungskosten in Deutschland seien mittlerweile "inakzeptabel hoch", was zum Bürokratieabbau führen müsse, etwa von Standards wie DIN-Vorgaben.
Das ganze ZIA-Frühjahrsgutachten der Immobilienweisen 2024 können Sie im Internet nachlesen unter "https://zia-deutschland.de/wp-content/uploads/2024/02/Fruehjahrsgutachten-2024.pdf".