Hubert Blank †, Serdar C. Karabulut
Gegenstand der Einrede des nicht erfüllten Vertrags können lediglich Hauptleistungspflichten sein, die in einem synallagmatischen Gegenseitigkeitesverhältnis zueinander stehen. Daher kann die Einrede nur dann erhoben werden, wenn der Vertragspartner die Bewirkung der eigenen Hauptleistung verweigert, weil die ihm selbst geschuldete Hauptleistung noch nicht bewirkt wurde.
Bei einem Mietvertrag stehen sich typischerweise die Hauptleistungspflicht des Mieters zur Entrichtung der Miete und die Hauptleistungspflichten des Vermieters zur Gewährung des Gebrauchs der Mietsache sowie ihre Instandsetzung und -haltung gegenüber.
Zurückbehaltungsrecht bei fehlender Gebrauchsüberlassung?
Allerdings sind aufgrund des Charakters des Mietvertrags als Dauerschuldverhältnis die Grundsätze der Einrede des nicht erfüllten Vertrags im Falle eines Mietvertrags nur eingeschränkt anwendbar:
So ist etwa die Gebrauchsgewährungspflicht des Vermieters ein sog. absolutes Fixgeschäft. Dies hat zur Folge, dass für die Mietzeit, in der entgegen der vertraglichen Vereinbarung dem Mieter der Gebrauch der Mietsache nicht gewährt wurde, nach § 275 Abs. 1 BGB die Gebrauchsgewährung durch Zeitablauf nachträglich unmöglich geworden ist, sodass der Mieter aufgrund der Unmöglichkeit von der Mietzahlungspflicht nach § 326 Abs. 1 Hs. 1 BGB ohnehin befreit ist und es von vornherein für die Einrede des nicht erfüllten Vertrags keinen Raum gibt.
Ansprüche des Mieters
Über den einfachen Gebrauchsgewährungsanspruch hinaus hat der Mieter zudem einen Anspruch darauf, dass die überlassene Mietsache einen Zustand aufweist, der ihren vertragsgemäßen Gebrauch zulässt. Dieser Zustand der Mietsache muss bereits zum Zeitpunkt der Übergabe vorliegen und während des Bestehens des Mietverhältnisses aufrechterhalten werden. Ist dieser Zustand dagegen nicht oder nicht mehr gegeben, sodass ein Mangel vorliegt, wird die Miete bereits kraft der gesetzlichen Regelung des § 536 Abs. 1 Satz 2 BGB gemindert. Der Mieter hat daher nur noch eine geminderte Miete zu entrichten.
Zurückbehaltungsrecht und Mietminderung
Neben der Mietminderung hat der Mieter in Bezug auf den nicht geminderten Teil der Miete zudem das Recht zur Zurückbehaltung. Denn während die Minderung mit Blick auf das Äquivalenzprinzip dazu dient, die Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen sicherzustellen, bezweckt die Einrede des nicht erfüllten Vertrags als Zurückbehaltungsrecht insbesondere den Schuldner zur Leistungserbringung anzuhalten (Druckfunktion). Die Geltendmachung der Einrede gibt dem Mieter insoweit die Möglichkeit, durch Zurückbehaltung der fälligen Miete Druck auf den Vermieter auszuüben, um ihn zur Beseitigung des Mangels zu veranlassen.
Ansprüche des Vermieters
Aus § 535 Abs. 2 BGB folgt, dass der Vermieter einen Anspruch gegen den Mieter auf Entrichtung der vereinbarten Miete hat. Die bei der Raummiete übliche Praxis entgegen § 535 Abs. 1 Satz 3 BGB zu vereinbaren, dass der Mieter die Betriebskosten der gemieteten Räume trage, begründet eine weitere Hauptleistungspflicht des Mieters. Kommt der Mieter daher mit der Erfüllung seiner Hauptleistungspflicht zur Entrichtung der Miete oder einer etwaigen Zahlung der Betriebskosten in Schuldnerverzug, so kann der Vermieter vor diesem Hintergrund die Einrede des nicht erfüllten Vertrags erheben und damit die Beseitigung von Mängeln verweigern.