Entscheidungsstichwort (Thema)

Betreuungssache

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Wohle des Betroffenen, der nicht mehr dazu in der Lage ist, einen eigenen Wunsch zur Betreuerbestellung zu äußern, kann ein Berufsbetreuer auch dann bestellt werden, wenn zwar eine andere natürliche Person zur Übernahme der Betreuung bereit ist, der Berufsbetreuer aber wesentlich besser geeignet ist.

 

Normenkette

BGB §§ 1896, 1897 Abs. 6 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Aktenzeichen 7 T 360/01)

AG Regensburg (Aktenzeichen XVII 2036/00)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Regensburg vom 20. September 2001 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht ordnete am 29.6.2001 für die Betroffene eine Betreuung an mit verschiedenen Aufgabenkreisen, u. a. Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge und Vermögens sorge und bestellte für sie einen Berufsbetreuer.

Gegen diesen Beschluß legte der Beteiligte, ein Sohn der Betroffenen, Beschwerde ein, um eine Bestellung seiner eigenen Person zum Betreuer und dadurch eine häusliche Pflege der Betroffenen zu erreichen.

Das Landgericht hat die Beschwerde am 20.9.2001 zurückgewiesen.

Mit seiner weiteren Beschwerde gegen den landgerichtlichen Beschluß verfolgt der Sohn sein Beschwerdeziel weiter.

II.

Die weitere Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Zu Recht ist das Landgericht von der Zulässigkeit der Erstbeschwerde ausgegangen. Die Beschwerdeberechtigung des Sohnes ergibt sich aus § 69g Abs. 1 FGG, da die Bestellung eines Betreuers auch die Auswahl eines Betreuers mitumfaßt (BayObLG FamRZ 1996, 507). Gegen die Wirksamkeit einer auf die Auswahl des Betreuers beschränkten Teilanfechtung bestehen keine Bedenken (BayObLG aaO; BayObLGZ 1995, 220).

2. Die Betreuerauswahl ist rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Das Landgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Bei der Neubestellung eines Betreuers sei bei der Auswahl zwar auf die verwandtschaftlichen und persönlichen Bindungen der Betroffenen Rücksicht zu nehmen, so daß als Betreuer an erster Stelle der Sohn in Betracht zu ziehen sei. Hier gebiete es aber das vorrangig zu beachtende Wohl der Betroffenen, nicht den Sohn, sondern den Berufsbetreuer zu bestellen. Dieser wolle die Pflege der Betroffenen in dem Seniorenheim, in welchem sie sich jetzt aufhalte, fortsetzen lassen. Demgegenüber bestünden erhebliche Zweifel an der durch den Sohn beabsichtigten häuslichen Pflege. Die Betroffene sei in Pflegestufe drei eingeordnet und bedürfe daher eines großen pflegerischen Aufwands. Der Sohn als Landwirt könne diese Rundumversorgung zeitlich nicht leisten. Seine Ehefrau stehe selbst unter Betreuung, da sie seit Jahren an einer schizophrenen Psychose leide. Auch unter Einschaltung eines ambulanten Pflegedienstes blieben daher noch erhebliche Zweifel, ob Sohn und Schwiegertochter die im Laufe der Zeit eher zunehmende notwendige Pflegeleistung dauerhaft leisten könnten. Diese Zweifel müßten zum Wohl der Betroffenen dahin ausschlagen, daß der bisherige Betreuer beibehalten werden müsse.

b) Diese Ausführungen des Landgerichts zur Betreuerauswahl halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand.

aa) Die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts sind Verfahrens fehlerfrei getroffen worden, so daß der Senat an sie gebunden ist (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 561 Abs. 2 ZPO). Insbesondere mußte das Landgericht die Betroffene nicht nochmals anhören, weil im Hinblick auf die fehlende Verständigungsmöglichkeit von einer erneuten Anhörung keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten waren (§ 69g Abs. 5 Satz 3 FGG). Das Landgericht ist seiner Amtsermittlungspflicht in ausreichendem Maße nachgekommen: Es hat nicht nur für die Betroffene ärztliche Atteste und ein psychiatrisches Sachverständigengutachten bei seiner Entscheidung berücksichtigt, sondern auch ärztliche Atteste und die Betreuungsakten für die Schwiegertochter, welche in wesentlichem Umfang die häusliche Pflege durchführen sollte, beigezogen. Das ärztliche Attest des langjährigen Hausarztes der Betroffenen enthält keine Aussage zum jetzigen Zustand der Betroffenen, so daß das Landgericht hierauf in seiner Entscheidung nicht näher eingehen mußte. Da die Entscheidung im wesentlichen auf Zweifel an der Durchführbarkeit der von dem Sohn beabsichtigten häuslichen Pflege gestützt ist, bestand auch kein Anlaß, ein psychologisches Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, in welchem Umfeld das seelische und körperliche Wohl der Betroffenen gewährleistet sei.

Im Rechtsbeschwerdeverfahren kann ein solches Gutachten nicht erholt werden, weil das Rechtsbeschwerdegericht die angegriffene Entscheidung nur in rechtlicher Hinsicht überprüft und zu eigenen Tatsachenfeststellungen nicht befugt ist (vgl. § 27 Abs. 1 FGG).

bb) Da die Betroffene krankheitsbedingt nicht in der Lage ist, hinsichtlich eines Betreuervorschlages ihren Willen erkennbar zu äußern, ist bei der Auswahl eines Betreuers auf die verwandtschaftlichen und sonstigen persönlichen Bindungen Rücksicht zu nehmen (§ 1897...

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