Entscheidungsstichwort (Thema)

Mietvertrag zwischen einer Stadt in einem neuen Bundesland und einer insolvent gewordenen Verwaltungsgesellschaft: Mietzinsanspruch einer Landeskreditbank aus abgetretenem Recht aus einem Forfaitierungsvertrag mit Zession des Gesamtmietzinses

 

Normenkette

InsO §§ 108, § 108 ff., § 110 Abs. 1 S. 1, §§ 111-112; EGInsO Art. 103b, 104, 106; GesO §§ 1, § 1 ff.

 

Verfahrensgang

LG Cottbus (Urteil vom 23.06.2011)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 25.04.2013; Aktenzeichen IX ZR 62/12)

 

Tenor

Auf die Berufungen der Beklagten und der Nebenintervenientin wird das am 23.6.2011 verkündete Urteil des LG Cottbus abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Anschlussberufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht die Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Zwischen der Beklagten und der Verwaltungsgesellschaft für das Stadthaus E. mbH (vormals K. mbH) besteht ein Mietvertrag. Über das Vermögen der Verwaltungsgesellschaft wurde im Juni 2003 das Insolvenzverfahren eröffnet. Insolvenzverwalterin ist die Nebenintervenientin. Seit Juli 2003 entrichtet die Beklagte den Mietzins auf ein von der Nebenintervenientin eingerichtetes Anderkonto. Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der Landeskreditbank B. und begehrt unter Bezugnahme auf verschiedene am 12.11.1997 geschlossene Verträge die Mietzinszahlung ab Juli 2003 an sich.

Im erstinstanzlichen Verfahren hat das LG Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen G. Insoweit wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 16.12.2010.

Durch das angefochtene Urteil vom 23.6.2011 hat das LG die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 924.075,01 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 22.050,61 EUR seit dem 3.7.2003, dem 5.8.2003, dem 3.9.2003, dem 6.10.2003, dem 5.11.2003 und dem 3.12.2003, auf je 264.607,32 EUR seit dem 1.1.2006 und dem 1.1.2007 sowie auf 262.556,71 EUR seit dem 1.1.2008 zu zahlen.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf dieses Urteil gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Gegen die Entscheidung des LG wenden sich die Beklagte und die Nebenintervenientin mit der Berufung.

Die Beklagte trägt vor:

Das LG habe rechtsirrig über einen - vermeintlichen - Anspruch entschieden, welcher nicht Streitgegenstand gewesen sei. Die Klägerin habe ihren Anspruch zum Einen auf die Einredeverzichtserklärung der Beklagten vom 12.11.1997, zum Anderen auf den Forfaitierungsvertrag zwischen der Klägerin und der Gemeinschuldnerin vom 12.11.1997 sowie eine hierauf beruhende Abtretung gestützt. Nicht streitgegenständlich sei hingegen mangels entsprechenden Sachvortrags der Klägerin der Sachverhalt "Mietvertragsabschluss zwischen der Gemeinschuldnerin und der Beklagten über das Stadthaus E." sowie die damit verbundene Frage, ob die Klägerin aus diesem Vertragsverhältnis unmittelbare vertragliche Ansprüche habe, gewesen.

Aus dem Mietvertrag zwischen ihr, der Beklagten, und der Gemeinschuldnerin vom 25.9.1997 ließen sich keine unmittelbaren Mietzahlungsansprüche der Klägerin herleiten. Insbesondere sei kein Vertrag zugunsten Dritter gegeben. Einem Anspruch der Klägerin aus § 3 Abs. 5 des Mietvertrages stände im Übrigen das Abtretungsverbot nach § 110 InsO bzw. nach § 119 InsO entgegen.

Die Frage unterschiedlicher Streitgegenstände habe auch Bedeutung für die Verjährung. Unmittelbar aus dem Mietvertrag hergeleitete Ansprüche seien für das Jahr 2005 schon verjährt, weil sich die im Dezember 2008 per Mahnbescheid anhängig gemachten Ansprüche explizit nur auf die streitgegenständliche Einredeverzichtserklärung bezogen hätten.

Eine etwaige Zahlungsverpflichtung bestehe ohnehin nur Zug um Zug gegen Abtretung der von der Klägerin gegen die Insolvenzverwalterin angemeldeten Forderungen. Unmittelbare mietvertragliche Ansprüche der Klägerin scheiterten jedenfalls an der fehlenden aufsichtsrechtlichen Genehmigung nach § 86 Abs. 1, 2 der Brandenburgischen Gemeindeordnung.

Ein Anspruch der Klägerin lasse sich auch nicht aus abgetretenem Recht oder der Einredeverzichtserklärung herleiten. Insoweit werde auf den erstinstanzlichen Sachvortrag Bezug genommen.

Die Nebenintervenientin trägt vor:

Vom Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung an seien die Mietzahlungen dauerhaft zur Masse geflossen und nicht mehr auf das Konto der Schuldnerin bei der Klägerin eingezahlt worden. Eine etwa bestehende Drittbegünstigungsregelung sei daher zumindest konkludent aufgehoben worden. Flankiert worden sei das durch eine nachfolgende Freistellungsvereinbarung der Parteien des Mietvertrages, so dass sogar von einer ausdrücklichen Vertragsänderung auszugehen sei.

Da die maßgebliche Bestimmung des Mietvertrages in § 3 Abs. 1 den für den folgenden Regelungskontext konstitutiven Hi...

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