Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches OVG (Aktenzeichen 4 L 72/95)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 12. Juni 2001 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

Gründe

Dem Kläger kann die beantragte Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet aus den nachstehenden Gründen keine Aussicht auf Erfolg (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

Die auf einen Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Der Kläger beanstandet, das Berufungsgericht habe dadurch, dass es seinem Antrag auf Vertagung der mündlichen Verhandlung nicht stattgegeben habe, seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO). Sein Prozessbevollmächtigter habe zwar an der Berufungsverhandlung teilgenommen, er selbst sei aber krank gewesen und habe deshalb keine Möglichkeit gehabt, an der Verhandlung teilzunehmen und sich in ihr zu äußern. Da es im asylrechtlichen Streitverfahren entscheidend auf die Angaben des Asylbewerbers ankomme, sei die Ablehnung des Vertagungsantrages verfahrensfehlerhaft gewesen, zumal er bereits vom Verwaltungsgericht nicht angehört worden sei.

Es kann offen bleiben, ob die Beschwerde den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt. Der Vorwurf der Gehörsverletzung trifft jedenfalls in der Sache nicht zu.

Gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 227 ZPO kann eine Verhandlung (nur) aus erheblichen Gründen vertagt werden. Daraus folgt, dass bei der Ablehnung eines Vertagungsantrages eine Versagung des rechtlichen Gehörs nur dann in Betracht kommt, wenn ein erheblicher Grund im Sinne des § 227 Abs. 1 ZPO vorliegt und dem Gericht auch unterbreitet worden ist (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 13. April 1999 – BVerwG 1 C 24.97 – Buchholz 310 § 82 VwGO Nr. 19 m.w.N.). Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist auch im Asylprozess ein erheblicher Grund für eine Vertagung nicht bereits dann – quasi automatisch – anzunehmen, wenn ein anwaltlich vertretener Verfahrensbeteiligter wegen Krankheit oder aus anderen persönlichen Gründen verhindert ist, selbst an der Verhandlung teilzunehmen. Vielmehr ist jeweils nach den Umständen des Falles zu prüfen, ob der Verfahrensbeteiligte ohne Terminsaufhebung bzw. -verlegung in seinen Möglichkeiten beschränkt würde, sich in dem der Sache nach gebotenen Umfang zu äußern; das bloße Anwesenheitsinteresse einer anwaltlich ausreichend vertretenen Partei wird dagegen durch ihren Gehörsanspruch nicht geschützt (vgl. Beschluss vom 31. Mai 1990 – BVerwG 7 CB 31.89 – Buchholz 11 Art. 140 GG Nr. 45).

Im Falle des Klägers ist weder der Beschwerdebegründung, noch der Niederschrift über die Berufungsverhandlung, noch den Berufungsakten insgesamt zu entnehmen, dass das Berufungsgericht von einem erheblichen Grund für eine Vertagung hätte ausgehen müssen. Der Kläger hatte gegenüber dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge sowie in seiner Klageschrift Ausführungen zu seinem individuellen Verfolgungsschicksal gemacht. Das Berufungsgericht hatte den Kläger im Januar 2000 darauf hingewiesen, dass es – anders als das Verwaltungsgericht – keine Gruppenverfolgung für türkische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit bejahen würde und es deshalb auf das individuelle Verfolgungsschicksal ankomme. Der Kläger nahm dies nicht zum Anlass, weitere schriftliche Ausführungen zu seinem Verfolgungsschicksal zu machen. In der Ladung zur mündlichen Verhandlung im Juni 2001 teilte das Berufungsgericht dem Kläger mit, sein persönliches Erscheinen liege in seinem eigenen Interesse. Das persönliche Erscheinen des Klägers wurde jedoch nicht angeordnet. Vielmehr wies das Berufungsgericht in der Ladung darauf hin, dass auch beim Ausbleiben des Klägers bzw. seines Prozessbevollmächtigten verhandelt und entschieden werden könne. In der mündlichen Verhandlung legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers ausweislich der Sitzungsniederschrift eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Kläger vor und erklärte dazu, der Kläger sei bettlägerig und wünsche, bei der Verhandlung anwesend zu sein. Die Sitzungsniederschrift und die Beschwerdebegründung geben nichts dafür her, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung ergänzende Ausführungen zum Verfolgungsschicksal des Klägers gemacht oder angekündigt hat, der Kläger habe ergänzende Ausführungen zu machen, die er nun selbst vorzubringen im Stande sei. Das Berufungsgericht war entschlossen, von der Richtigkeit der bisherigen Angaben des Klägers auszugehen (vgl. UA S. 5). Bei dieser Sachlage gab es aus Sicht des Berufungsgerichts zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung keine Anhaltspunkte dafür, dass ein erheblicher Grund für eine Vertagung vorliegt.

Wenn der Kläger erstmals in der Beschwerdebegründung erwähnt, er hätte noch „Asylerhebliches vortragen können”, so ist dies dem Berufungsgericht jedenfalls nicht unterbreitet worden. Schon deshalb kann dem Berufungsgericht nicht vorgehalten werden, das Vorliegen eines erheblichen Grundes für eine Vertagung verkannt zu haben. Im Übrigen legt die Beschwerde nicht dar, aus welchen Gründen die weiteren tatsächlichen Aspekte bzw. Umstände im Zusammenhang mit dem Verfolgungsschicksal des Klägers, die in der Beschwerdebegründung angedeutet werden, nicht vom Prozessbevollmächtigten des Klägers in der Berufungsverhandlung hätten vorgetragen werden können. Insofern fehlt es an der Darlegung, dass der Kläger bzw. sein Prozessbevollmächtigter aufgrund ihrer prozessualen Mitwirkungspflicht alles Zumutbare unternommen haben, um sich vor dem Berufungsgericht Gehör zu verschaffen (vgl. hierzu etwa Beschluss vom 4. Juli 1983 – BVerwG 9 B 10275.83 – Buchholz 340 § 3 VwZG Nr. 9).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG a.F.

 

Unterschriften

Eckertz-Höfer, Richter, Beck

 

Fundstellen

Dokument-Index HI706537

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