Verfahrensgang

OVG für das Land NRW (Aktenzeichen 10a DD 197/98)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. Mai 2000 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Antragsteller beimisst.

1. Die Beschwerde wirft zunächst die Rechtsfrage auf:

„Darf die Unbeachtlichkeitsklausel des § 2 Abs. 5 PlanV hinsichtlich einer Festsetzung, insbesondere nach § 9 BauGB, auch dann von der Rechtsprechung angewendet werden, wenn ein in der Anlage zur Planzeichenverordnung aufgeführtes Planzeichen unter Beibehaltung seines eigentlichen Festsetzungszwecks und entsprechender Verwendung im übrigen zusätzlich auch zur Ersetzung eines ebenfalls in der Anlage zur Planzeichenverordnung enthaltenen Planzeichens dienen soll?”

Dem liegt ein Bebauungsplan zugrunde, in dem die Gemeinde Baugrenzen und Baulinien als Mittel der Festsetzung verwendet hat, um Flächen abzugrenzen, für welche die Zahl der Vollgeschosse unterschiedlich festgesetzt wird. Die Beschwerde meint demgegenüber, eine derartige Abgrenzung dürfe nur unter Verwendung des Planzeichens gemäß Nr. 15.14 der Anlage zu § 2 Abs. 1 Satz 1 PlanV (sog. Perlschnur) erfolgen. Das Normenkontrollgericht hat diese Festsetzung als zulässig angesehen, ist aber unabhängig davon zu dem Ergebnis gelangt, eine (unterstellte) Verletzung der Vorschriften der Planzeichenverordnung sei unbeachtlich und führe nicht zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans.

Die vor diesem Hintergrund gestellte Frage rechtfertigt keine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Der Frage fehlt die für eine Zulassung erforderliche Klärungsbedürftigkeit. Nicht jede Frage sachgerechter Auslegung und Anwendung einer Vorschrift enthält gleichzeitig eine gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erst im Revisionsverfahren zu klärende Fragestellung. Nach der Zielsetzung des Revisionszulassungsrechts ist Voraussetzung vielmehr, dass der im Rechtsstreit vorhandene Problemgehalt aus Gründen der Einheit des Rechts einschließlich gebotener Rechtsfortentwicklung eine Klärung gerade durch eine höchstrichterliche Entscheidung verlangt. Das ist nach der ständigen Rechtsprechung aller Senate des Bundesverwaltungsgerichts dann nicht der Fall, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne weiteres beantworten läßt (BVerwG, Beschluss vom 28. Mai 1997 – BVerwG 4 B 91.97 – Buchholz 407.4 § 5 FStrG Nr. 10 = NVwZ 1998, 172; stRspr). So liegt es hier.

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 PlanV „sollen” die in der Anlage enthaltenen Planzeichen verwendet werden. Nach § 2 Abs. 5 PlanV ist eine Verletzung von Vorschriften der Absätze 1 bis 4 unbeachtlich, wenn die Darstellung, Festsetzung … hinreichend deutlich ist. Ob die Darstellung etc. im Einzelfall hinreichend deutlich ist, entzieht sich grundsätzlicher Klärung. Im übrigen läßt sich der Vorschrift nichts dafür entnehmen, dass sie nicht auch dann gelten soll, wenn sich eine Gemeinde für die räumliche Abgrenzung der Festsetzung über das Maß der baulichen Nutzung – insbesondere die Zahl der Vollgeschosse – nicht des Planzeichens gemäß Nr. 15.14 der Anlage zu § 2 Abs. 1 Satz 1 PlanV (Perlenschnur), sondern der ebenfalls eine Begrenzung enthaltenden Baugrenzen oder Baulinien bedient. Aus § 2 Abs. 5 PlanzV folgt vielmehr, dass die Gemeinde bei der Aufstellung von Bebauungsplänen nicht strikt an die Planzeichen der Planzeichenverordnung gebunden ist. Weicht sie von der Darstellungsart der Planzeichenverordnung ab, so wird hierdurch allein die Bestimmtheit nicht in Frage gestellt, wenn der Inhalt der Festsetzung gleichwohl hinreichend deutlich erkennbar ist (BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 1996 – BVerwG 4 NB 28.96 – Buchholz 406.11 § 9 BauGB Nr. 81). Der Wortlaut von § 2 Abs. 5 PlanzV macht zugleich deutlich, dass selbst (unterstellte) Fehler bei der Wahl des Planzeichens unbeachtlich sind und damit nicht die Rechtsfolge der Nichtigkeit des Bebauungsplans oder der Notwendigkeit eines ergänzenden Verfahrens gem. § 215 a BauGB auslösen.

2. Die Beschwerde möchte ferner die Frage grundsätzlich geklärt haben, ob mit der Festsetzung von Baugrenzen auch eine Abgrenzung des Maßes der baulichen Nutzung erfolgen darf. Ist die Berufungsentscheidung jedoch – wie hier – auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, so kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund vorliegt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9. Dezember 1994 – BVerwG 11 PKH 28.94 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 Nr. 8 und vom 1. Februar 1990 – BVerwG 7 B 19.90 – Buchholz 310 § 153 VwGO Nr. 22; stRspr). Wenn nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben ist, kann diese Begründung nämlich hinweggedacht werden, ohne daß sich der Ausgang des Verfahrens ändert. Weder beruht deshalb das Normenkontrollurteil auf der hinwegdenkbaren Begründung, noch ist die Klärung mit ihr etwa zusammenhängender Grundsatzfragen in einem Revisionsverfahren zu erwarten. Da hinsichtlich der ersten gestellten Frage – der Anwendbarkeit von § 2 Abs. 5 PlanV – kein Revisionszulassungsgrund vorliegt, kommt es auf die grundsätzliche Bedeutung der zweiten Frage nicht mehr an.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 14 Abs. 1 und 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.

 

Unterschriften

Gaentzsch, Rojahn, Jannasch

 

Fundstellen

BauR 2001, 1061

NVwZ-RR 2001, 422

ZfBR 2001, 420

BRS 2002, 343

GV/RP 2002, 53

KomVerw 2002, 11

BRS-ID 2001, 22

FuBW 2001, 745

FuHe 2002, 144

FuNds 2001, 718

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