Verfahrensgang

VGH Baden-Württemberg (Aktenzeichen 9 S 1195/99)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 28. März 2000 wird verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 8 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Revision ist nach § 144 Abs. 1 VwGO durch Beschluss zu verwerfen, weil sie unzulässig ist. Der Kläger hat die Frist zu ihrer Begründung versäumt (1.); Wiedereinsetzung kann ihm nicht gewährt werden (2.).

1. Die Revision war gemäß § 139 Abs. 3 Satz 1 VwGO innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des angefochtenen Berufungsurteils zu begründen. Das ist unstreitig nicht geschehen. Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 6. April 2000 zugestellt worden. Die Revisionsbegründung hätte daher bis zum 6. Juni 2000 beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht werden müssen. Sie ist – zusammen mit dem Wiedereinsetzungsantrag – aber erst am 26. Juni 2000 mit Schriftsatz vom selben Tag eingegangen.

Eine Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist nach § 139 Abs. 3 Satz 3 VwGO durch den Vorsitzenden kam nicht in Betracht. Eine solche Verlängerung ist nur möglich, wenn der entsprechende Antrag vor dem Ablauf der Begründungsfrist gestellt worden ist. Daran fehlt es hier. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers haben den Verlängerungsantrag mit Schriftsatz vom 7. Juni 2000, beim Bundesverwaltungsgericht per Fax eingegangen am selben Tag, gestellt. Zu diesem Zeitpunkt war die Begründungsfrist bereits abgelaufen.

2. Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann dem Kläger nicht gewährt werden, weil die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 VwGO nicht erfüllt sind. Der Kläger war nicht ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert, denn er muss sich nach § 173 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen.

Es kann offen bleiben, ob den Prozessbevollmächtigten des Klägers schon im Zusammenhang mit der unrichtigen Notierung der Begründungsfrist im Fristenbuch der Anwaltskanzlei ein eigenes Verschulden trifft. Die Formulierung der eidesstattlichen Versicherungen des Prozessbevollmächtigten und der für die Führung des Fristenbuchs verantwortlichen Mitarbeiterin, der Anwalt habe der Mitarbeiterin die Notwendigkeit der Änderung der Eintragung im Anschluss an die erfolgte Änderung der Eintragung der Einlegungsfrist „zu verstehen gegeben”, lässt jedenfalls Zweifel zu, ob der Prozessbevollmächtigte die in seinen Verantwortungsbereich fallende Berechnung der Revisionsbegründungsfrist selbst abschließend vorgenommen und der Mitarbeiterin klar und eindeutig mitgeteilt hat. Dem braucht hier nicht weiter nachgegangen zu werden, weil der Prozessbevollmächtigte bei Wahrung der ihm obliegenden Sorgfaltspflichten jedenfalls die Fristversäumung hätte verhindern können und müssen. Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits ausgesprochen hat, hat der Prozessbevollmächtigte den Ablauf von Rechtsmittelbegründungsfristen in jedem Fall dann eigenverantwortlich zu prüfen, wenn ihm die Akten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozesshandlung vorgelegt werden (vgl. Beschluss vom 7. März 1995 – BVerwG 9 C 390.94 – Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 194). Das ist hier nicht geschehen.

Dem Wiedereinsetzungsantrag und der eidesstattlichen Versicherung des Prozessbevollmächtigten ist zu entnehmen, dass ihm die Akte am 2. Juni 2000 aufgrund einer entsprechenden Vorfrist zur Fertigung der Revisionsbegründung vorgelegt worden ist. Hätte er sich aus diesem Anlass der Frage des Fristablaufs zugewandt, so hätte sich die Unrichtigkeit der auf den 8. Juni 2000 lautenden Fristberechnung ohne weiteres aufdrängen müssen. Im Schriftsatz, mit dem die Revision eingelegt worden war, war der 6. April 2000 ausdrücklich als Datum der Zustellung des Berufungsurteils vermerkt. Da der 6. Juni 2000 ein Dienstag war, gab es keinen Grund, der einen Fristablauf am 8. Juni 2000 hätte plausibel machen können. Der Prozessbevollmächtigte hätte daher bei Wahrung seiner Sorgfaltspflichten ohne weiteres die Möglichkeit gehabt, rechtzeitig vor Ablauf der Begründungsfrist am 6. Juni 2000 den Antrag auf Fristverlängerung beim Bundesverwaltungsgericht anzubringen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 2, § 14 GKG.

 

Unterschriften

van Schewick, Dr. Borgs-Maciejewski, Dr. Brunn

 

Fundstellen

Dokument-Index HI566140

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