Verfahrensgang

VG Weimar (Aktenzeichen 6 K 2563/97.We)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 29. November 1999 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

Der klagende Freistaat begehrt die Zuordnung eines Grundstücks, das vor der Überführung in Volkseigentum der Beigeladenen gehörte und ab 1961 der Hochschule in W. als Studentenwohnheim mit angeschlossener Kindertagesstätte diente. Am 6. Dezember 1990 unterzeichneten ein Mitarbeiter der Niederlassung E. der Treuhandanstalt und der Wirtschaftsdezernent der Beigeladenen eine „Besitzübernahmeerklärung”, derzufolge das Grundstück von der Beigeladenen „übernommen” wurde. Dies führte im Jahre 1992 zur Eintragung der Beigeladenen im Grundbuch. Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben: Das Grundstück stehe dem Kläger gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 Einigungsvertrag (EV) zu; eine nach dem 3. Oktober 1990 abgegebene Besitzübernahmeerklärung habe keinen rechtswirksamen Eigentumsübergang nach dem Kommunalvermögensgesetz bewirken können; im vorliegenden Fall sei die Erklärung außerdem wegen schwerwiegender Formmängel unwirksam.

Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist zulässig, aber unbegründet.

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung hat eine Rechtssache nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung dazu beitragen kann, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu erhalten oder die weitere Entwicklung des Rechts zu fördern. Die aufgeworfene Rechtsfrage muss insbesondere klärungsbedürftig sein. Hieran fehlt es u.a. dann, wenn die von der Beschwerde zur Klärung gestellte Frage keine nennenswerte Schwierigkeit aufweist, ihre Beantwortung also gewissermaßen auf der Hand liegt. Das Gleiche gilt, wenn die Frage im Wesentlichen bereits höchstrichterlich entschieden worden ist.

1. Für klärungsbedürftig hält die Beschwerde zum einen (sinngemäß) die Frage, ob einer Gemeinde die „im Wege eines unterstellt formal unwirksamen Verfahrens und unter Angabe eines unzutreffenden rechtlichen Gesichtspunktes” erworbene Eigentumsposition, die seinerzeit auch durch Stellung eines Restitutionsanspruches hätte erlangt werden können, wegen formaler Mängel der Besitzübernahmeerklärung wieder entzogen werden könne. Diese Frage würde sich in dem erstrebten Revisionsverfahren nicht stellen, denn der Beigeladenen ist eine Eigentumsposition nicht entzogen worden.

Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger an dem als Verwaltungsvermögen zu qualifizierenden Objekt (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. September 1995 – BVerwG 7 C 57.94 – BVerwGE 99, 283 ≪285≫) mit Wirksamwerden des Beitritts aufgrund von Art. 21 Abs. 1 Satz 1 EV Eigentum erlangt hat. Ob diese Rechtsposition dem Kläger ohne sein Zutun durch eine formwirksame Besitzübernahmeerklärung zwischen der Treuhandanstalt und einer Gemeinde wieder hätte entzogen werden können – was das Verwaltungsgericht verneint –, mag dahingestellt bleiben. Diese Rechtsfolge hätte jedenfalls nicht aufgrund einer wegen schwerwiegender Formmängel unwirksamen Erklärung eintreten können. Bei Unwirksamkeit der für einen Eigentumsübergang auf die Beigeladene allein in Betracht kommenden Übernahmeerklärung ist die Annahme zwingend, dass der Kläger Eigentümer geblieben ist. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Beigeladene sich seinerzeit möglicherweise durch Stellung eines Restitutionsantrages das Eigentum an ihrem früheren Grundstück hätte zuordnen lassen können. Der bloße Anspruch auf Zuordnung verändert noch nicht die Eigentumsverhältnisse an dem zurückverlangten Objekt. Das bedeutet, dass der Beigeladenen – anders als in ihrer Fragestellung zum Ausdruck kommt – durch die Zuordnung des Grundstücks an den Kläger keine ihr zukommende Eigentums-, sondern nur eine unrichtige Buchposition entzogen wird.

2. Für klärungsbedürftig hält die Beschwerde ferner (sinngemäß) die Frage, ob einer nach dem 2. Oktober 1990 ausgestellten Besitzübernahmeerklärung die Wirksamkeit mit der Begründung abgesprochen werden könne, sie sei entgegen der Regelung in § 7 Abs. 3 KVG seitens der Kommune nicht vom Bürgermeister und seitens der Treuhandanstalt nicht von einem Beauftragten des Präsidenten unterschrieben worden. Diese Frage ist durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. April 1994 – BVerwG 7 C 30.93 – BVerwGE 96, 1 ≪3≫) hinreichend geklärt. Danach entbehrt ein Übergabeprotokoll, das entgegen dem Gesetz nicht von einem Beauftragten des Präsidenten der Treuhandanstalt unterzeichnet war, der Wirksamkeit, so dass es einen Eigentumsübergang nicht auslösen konnte. Der vorliegende Fall bietet keinen Anlass, von dieser Bewertung abzugehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG.

 

Unterschriften

Prof. Dr. Driehaus, Dr. Borgs-Maciejewski, Kimmel

 

Fundstellen

Dokument-Index HI566107

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