Leitsatz (amtlich)

1. Das Merkmal "aus dienstlichen Gründen" im Sinne von § 12 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1 LUKG BW i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 LTGVO BW ist in der Weise materiellrechtlich zu verstehen, dass es nicht formal daran anknüpft, ob die Versetzungsverfügung ihrem Wortlaut nach aus dienstlichen Gründen und nicht auf Antrag ausgesprochen worden ist, sondern eine eigene inhaltliche Beurteilung gebietet, ob dienstliche Gründe für die Versetzung vorgelegen haben.

2. Eine Versetzung aus dienstlichen Gründen im umzugskosten- und trennungsgeldrechtlichen Sinne liegt vor, wenn die Beweggründe tatsächlicher Art, von denen sich die Verwaltung bei der Versetzung allein oder überwiegend hat leiten lassen, bei objektiv-rechtlicher Beurteilung dienstliche Gründe sind (Festhalten an der bisherigen Rechtsprechung).

 

Verfahrensgang

VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 12.07.2018; Aktenzeichen 4 S 1995/17)

VG Stuttgart (Urteil vom 07.07.2017; Aktenzeichen 2 K 5663/16)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers werden die Urteile des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 12. Juli 2018 und des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 7. Juli 2017 geändert.

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Juni 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. August 2016 verpflichtet, dem Kläger Trennungsgeld für die Monate Januar bis Mai 2016 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Der Beklagte trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

 

Tatbestand

Rz. 1

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Trennungsgeld nach einer dienstherrenübergreifenden Versetzung.

Rz. 2

Der Kläger stand als technischer Regierungsamtsrat (A 13) im Dienst des Bundes. Er bewarb sich um eine vom Innenministerium Baden-Württemberg ausgeschriebene Stelle im höheren technischen Verwaltungsdienst beim Präsidium Technik, Logistik und Service der Polizei (PTLS) in Stuttgart, rund 300 km von seinem privaten Wohnsitz entfernt. Für die ihm im Oktober 2015 zugesagte Stelle war er nach Auskunft des PTLS unter drei Bewerbern aufgrund seiner fachlichen Qualifikation ausgewählt worden. Umzugskostenvergütung wurde nicht zugesagt. Auf seinen Antrag versetzte ihn das Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr im Einverständnis des Beklagten mit Verfügung vom 25. November 2015 zum 1. Januar 2016 zum PTLS, wo er zunächst in den gehobenen informationstechnischen Dienst übernommen wurde und nach erfolgreicher Bewährung am 1. Juni 2016 in die Laufbahn des höheren informationstechnischen Dienstes aufstieg.

Rz. 3

Den Antrag auf Gewährung von Trennungsgeld für die Monate Januar bis Mai 2016, den der Kläger im Juni 2016 stellte, lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung des Beklagten mit Bescheid vom 17. Juni 2016 ab, weil die Versetzung nach Baden-Württemberg auf Wunsch des Klägers und damit aus persönlichen Gründen erfolgt sei. Die dagegen nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Verpflichtungsklage hat vor dem Verwaltungsgericht und dem Verwaltungsgerichtshof keinen Erfolg gehabt. Dieser hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass eine ausdrücklich auf Antrag ausgesprochene Versetzung auch umzugskosten- und trennungsgeldrechtlich eine Versetzung auf Antrag sei. Das Umzugskosten- und Trennungsgeldrecht knüpfe insoweit an die beamtenrechtlichen Vorgaben an. Danach könnten Versetzungen nur entweder auf Antrag oder wegen dienstlicher Gründe verfügt werden. Werde die Versetzung aus dienstlichen Gründen ausgesprochen, könne auch bei Vorliegen eines Antrags eine Versetzung aus dienstlichen Gründen im umzugskosten- und trennungsgeldrechtlichen Sinne nicht verneint werden. Werde sie dagegen auf Antrag ausgesprochen, seien solche Ansprüche umgekehrt auch dann ausgeschlossen, wenn dienstliche Gründe objektiv auch eine Versetzung ohne Antrag gerechtfertigt hätten.

Rz. 4

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision. Er beruft sich im Wesentlichen auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 1971 - 6 C 14.68 - und macht darüber hinaus geltend, die Versetzung werde vom abgebenden Dienstherrn verfügt, während sich der Trennungsgeldanspruch gegen den aufnehmenden Dienstherrn richte, so dass der Inhalt der Versetzungsverfügung gerade nicht abschließend sei. Maßgeblich sei allein, aus welchen Gründen der Beklagte als aufnehmender Dienstherr der Versetzung zugestimmt habe. Dessen personalwirtschaftliches Interesse, das er mit der Stellenausschreibung zum Ausdruck gebracht habe, stelle ebenso einen "dienstlichen Grund" für die Versetzung dar wie die Verpflichtung, nach dem Grundsatz der Bestenauslese gerade den Kläger auszuwählen und das Einverständnis zu dessen Versetzung zu erteilen.

Rz. 5

Der Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil.

 

Entscheidungsgründe

Rz. 6

Die Revision des Klägers ist begründet. Das angefochtene Urteil steht nicht im Einklang mit revisiblem Landesrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG; vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2013 - 5 C 32.12 - BVerwGE 148, 106 Rn. 8). Mit seiner Auslegung des Begriffs "Versetzung aus dienstlichen Gründen" verletzt der Verwaltungsgerichtshof § 12 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Landesumzugskostengesetzes (LUKG) vom 12. Februar 1996 (GBl. S. 127), für den hier maßgeblichen Zeitraum zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 24. Juli 2012 (GBl. S. 482, 486), in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der Verordnung des Finanzministeriums über das Trennungsgeld bei Abordnungen und Versetzungen (Landestrennungsgeldverordnung - LTGVO) vom 12. Dezember 1985 (GBl. S. 411), für den hier maßgeblichen Zeitraum zuletzt geändert durch Artikel 68 des Gesetzes vom 17. Dezember 2015 (GBl. S. 1210, 1233).

Rz. 7

Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 1 LUKG erhält ein Beamter oder Richter unter anderem in den Fällen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 LUKG für die ihm durch die getrennte Haushaltsführung, das Beibehalten der Wohnung oder der Unterkunft am bisherigen Wohnort oder das Unterstellen des zur Führung eines Haushalts notwendigen Teils der Wohnungseinrichtung entstandenen notwendigen Auslagen unter Berücksichtigung der häuslichen Ersparnis ein Trennungsgeld. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 LUKG ist Umzugskostenvergütung zuzusagen für Umzüge aus Anlass der Versetzung aus dienstlichen Gründen an einen anderen Ort als den bisherigen Dienstort, es sei denn, dass mit einer baldigen weiteren Versetzung an einen anderen Dienstort zu rechnen ist, der Umzug aus besonderen Gründen nicht durchgeführt werden soll oder die Wohnung im neuen Dienstort oder in dessen Einzugsgebiet liegt. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LTGVO entsteht der Anspruch auf Trennungsgeld aus Anlass der Versetzung aus dienstlichen Gründen. Zwischen den Beteiligten steht zu Recht nicht im Streit, dass der Kläger zu dem Kreis der gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 LTGVO grundsätzlich anspruchsberechtigten Landesbeamten gehört und aufgrund der bestandskräftigen Versetzungsverfügung vom 25. November 2015 auf seinen Antrag mit Wirkung zum 1. Januar 2016 vom Bundes- in den Landesdienst versetzt wurde. Streitig ist allein, ob der Kläger "aus dienstlichen Gründen" im Sinne von § 12 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1 LUKG BW i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 LTGVO BW versetzt wurde. Dies ist der Fall.

Rz. 8

1. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs ist das Merkmal "aus dienstlichen Gründen" in der Weise materiellrechtlich zu verstehen, dass es nicht formal daran anknüpft, ob die Versetzungsverfügung ihrem Wortlaut nach aus dienstlichen Gründen und nicht auf Antrag ausgesprochen worden ist, sondern eine eigene inhaltliche Beurteilung gebietet, ob dienstliche Gründe für die Versetzung vorgelegen haben. Eine Versetzung aus dienstlichen Gründen im umzugskosten- und trennungsgeldrechtlichen Sinne liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts immer dann vor, wenn die Beweggründe tatsächlicher Art, von denen sich die Verwaltung bei der Versetzung allein oder überwiegend hat leiten lassen, bei objektiv-rechtlicher Beurteilung dienstliche Gründe sind. Hierfür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Erfordernisse der Verwaltung in einem weit verstandenen Sinne die Verwendung des Beamten an einer anderen Amtsstelle mindestens rechtfertigen (BVerwG, Beschluss vom 19. Februar 1971 - 6 C 14.68 - Buchholz 238.90 Reise- und Umzugskostenrecht Nr. 32 S. 27 m.w.N). Das gilt sowohl für dienstherreninterne als auch für dienstherrenübergreifende Versetzungen. An der vorgenannten Rechtsprechung hält der Senat fest. Die vom Verwaltungsgerichtshof für das Vorliegen dienstlicher Gründe angenommene Tatbestandswirkung der Versetzungsverfügung findet im Gesetz keine Stütze.

Rz. 9

Dem Wortlaut der genannten umzugs- und trennungsgeldrechtlichen Vorschriften lässt sich nicht entnehmen, dass eine Versetzung aus dienstlichen Gründen zwingend zu verneinen ist, wenn die Versetzungsverfügung "auf Antrag" ausgesprochen worden ist. Das Merkmal "aus dienstlichen Gründen" verlangt nur, dass die Gründe für die Versetzung - erstens - ihren Ursprung in der Verwaltung des Dienstherrn haben (vgl. für § 15 BeamtStG BT-Drs. 16/4027 S. 25) und diese - zweitens - für die Entscheidung des Dienstherrn ausschlaggebend waren. Damit fehlt im Wortlaut jeglicher Anhaltspunkt dafür, dass die für die Gewährung von Trennungsgeld zuständige Behörde und die zur Entscheidung hierüber berufenen Gerichte bei einer auf Antrag verfügten Versetzung das Fehlen dienstlicher Gründe zwingend als gegeben zugrunde zu legen haben und dementsprechend nicht befugt sind zu prüfen, ob objektiv-rechtlich betrachtet dienstliche Gründe den Ausschlag für die Versetzungsentscheidung gegeben haben.

Rz. 10

Eine derartige Tatbestandswirkung der Versetzungsverfügung folgt auch nicht aus der systematischen Anbindung an die versetzungsrechtlichen Vorschriften. Danach können die für die Versetzung maßgeblichen dienstlichen Gründe sowohl solche der abgebenden Behörde als auch solche der aufnehmenden Behörde sein. Das gilt auch für die dienstherrenübergreifende Versetzung (vgl. BT-Drs. 16/4027 S. 25), wobei hier - anders als bei der Versetzung zu einer anderen Dienststelle desselben Dienstherrn - die Gründe des abgebenden Dienstherrn für die Wegversetzung und die Gründe des aufnehmenden Dienstherrn für die Zuversetzung auseinanderfallen können. Ist eine Versetzung allein oder überwiegend durch dienstliche Gründe des aufnehmenden Dienstherrn veranlasst, kann sich der abgebende, die Versetzungsverfügung erlassende Dienstherr diese Gründe zwar grundsätzlich zu eigen machen. Eine Verpflichtung, sich bei einer Versetzungsentscheidung von dienstlichen Interessen eines anderen Dienstherrn leiten zu lassen und diese in der Verfügung zu erwähnen oder gar die Versetzungsverfügung hierauf zu stützen, besteht allerdings nicht. Demzufolge ist nicht sichergestellt, dass die Versetzungsverfügung des abgebenden Dienstherrn zwingend Auskunft über die Gründe des aufnehmenden Dienstherrn gibt. Das schließt es aus, einer auf Antrag ausgesprochenen dienstherrenübergreifenden Versetzung die vom Verwaltungsgerichtshof angenommene Tatbestandswirkung zuzuerkennen.

Rz. 11

Entscheidend gegen eine Tatbestandswirkung spricht schließlich der unterschiedliche Zweck des Tatbestandsmerkmals "aus dienstlichen Gründen" im Rahmen der umzugskosten- und trennungsgeldrechtlichen Bestimmungen einerseits und der beamtenrechtlichen Vorschriften über die Versetzung andererseits. Während das Merkmal "aus dienstlichen Gründen" im Umzugskosten- und Trennungsgeldrecht die Funktion hat, den Beamten in Erfüllung der dem Dienstherrn gemäß Art. 33 Abs. 5 GG obliegenden Fürsorgepflicht im gesetzlich näher ausgestalteten Rahmen von den Mehraufwendungen einer dienstlich veranlassten Versetzung mit Ortswechsel freizustellen und diesen Anspruch gleichzeitig im Interesse des Dienstherrn zu begrenzen (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 30. April 2009 - 2 C 17.08 - Buchholz 261 § 12 BUKG Nr. 5 Rn. 20 und vom 6. November 2012 - 5 A 2.12 - Buchholz 262 § 3 TGV Nr. 3 Rn. 10, jeweils m.w.N.), dient es in den versetzungsrechtlichen Vorschriften dem Schutz des Beamten vor willkürlicher Versetzung. Dieses Schutzes bedarf der Beamte nicht, wenn er selbst die Versetzung beantragt, so dass es in diesem Fall dienstrechtlich keiner Prüfung des Vorliegens dienstlicher Gründe mehr bedarf (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. April 1972 - 1 WB 4.71 - BVerwGE 43, 342 ≪345≫ und Urteil vom 27. Mai 1975 - 2 A 4.72 - Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 16 S. 3). Das Vorliegen eines Versetzungsantrags sagt demnach umzugskosten- und trennungsgeldrechtlich nichts darüber aus, ob nicht auch dienstliche Gründe für die Personalmaßnahme vorliegen und aus Sicht des Dienstherrn sogar ausschlaggebend waren. Dementsprechend wird auch in der Literatur angenommen, dass insbesondere ein im Hinblick auf das eigene berufliche Fortkommen gestellter Versetzungsantrag auf eine Stellenausschreibung das umzugskostenrechtliche Vorliegen dienstlicher Gründe nicht hindert (Kopicki/Irlenbusch, Das Umzugskostenrecht des Bundes, Stand April 2009, § 3 Rn. 12; Körner/Hamminger/Kopp/Bosch, Reise- und Umzugskostenrecht für Baden-Württemberg, Stand Februar 2011, § 3 LUKG Rn. 5; Meyer/Fricke, Umzugskostenrecht, Stand März 2015, § 3 BUKG Rn. 21). Das ist auch richtig, weil sich der Dienstherr bei Ausschreibung einer Stelle und Auswahl unter mehreren Bewerbern für den betreffenden Beamten regelmäßig nicht deshalb entscheidet, weil er sich beworben oder seine Versetzung beantragt hat, sondern weil mit diesem Beamten die beste Erfüllung der dem jeweiligen Statusamt zugeordneten öffentlichen Aufgaben zu erwarten ist, also personalwirtschaftliche oder organisatorische Erfordernisse eine Versetzung des Beamten bedingen.

Rz. 12

2. Gemessen daran ist die Versetzung des Klägers trennungsgeldrechtlich aus dienstlichen Gründen erfolgt. Denn der Kläger hat sich nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs in einer Konkurrenz von drei Bewerbern auf Grund seiner Qualifikation als der beste Kandidat herausgestellt. Der Beklagte war deshalb gemäß Art. 33 Abs. 2 GG aus Gründen der Bestenauslese verpflichtet, den Kläger auszuwählen. Er hat sich als aufnehmender Dienstherr also nicht deshalb für den Kläger entschieden und sein Einverständnis mit dessen Versetzung erklärt, weil dieser sich um die Stelle beworben und einen Versetzungsantrag gestellt hat, sondern weil er die beste Aussicht auf Erfüllung der zu bewältigenden öffentlichen Aufgaben bot. Dass der Kläger wegen der Aufstiegsmöglichkeit in den höheren Dienst auch ein privates Interesse an der Versetzung hatte, ist neben diesem zweifellos dienstlichen Grund für die Erklärung des Einverständnisses des Beklagten mit der (Zu-)Versetzung unerheblich.

Rz. 13

3. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

 

Fundstellen

ZBR 2020, 351

DÖV 2020, 887

JZ 2020, 460

RiA 2020, 240

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