Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten. Zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung, der der Verantwortliche unterliegt, erforderliche Verarbeitung. Im öffentlichen Interesse liegendes Ziel. Verhältnismäßigkeit. Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten. Nationale Regelung, nach der im Internet Daten zu veröffentlichen sind, die in Erklärungen über private Interessen von im öffentlichen Dienst tätigen natürlichen Personen oder von Leitern von Vereinigungen oder Einrichtungen, die öffentliche Mittel erhalten, enthalten sind. Verhütung von Interessenkonflikten und von Korruption im öffentlichen Sektor

 

Normenkette

Charta der Grundrechte der Europäischen Union Art. 7-8, 52 Abs. 1; Verordnung (EU) 2016/679 – Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. c; Verordnung (EU) 2016/679 – Art. 6 Abs. 3 Unterabs. 2, Art. 6 Art. 9 Abs. 1; Richtlinie 95/46/EG Art. 7 Buchst. c, Art. 8 Abs. 1

 

Beteiligte

Vyriausioji tarnybinės etikos komisija

OT

Vyriausioji tarnybinės etikos komisija

 

Tenor

1. Art. 7 Buchst. c der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr sowie Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. c und Abs. 3 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) sind im Licht der Art. 7, 8 und 52 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften, nach denen die Erklärung über private Interessen, die jeder Leiter einer öffentliche Mittel erhaltenden Einrichtung abgeben muss, im Internet zu veröffentlichen ist, insbesondere insoweit entgegenstehen, als diese Veröffentlichung namensbezogene Daten über den Ehegatten, Lebensgefährten oder Partner der erklärungspflichtigen Person oder über ihr nahestehende oder bekannte Personen, die einen Interessenkonflikt begründen können, oder Daten über jede in den letzten zwölf Kalendermonaten abgeschlossene Transaktion mit einem Wert von über 3 000 Euro betrifft.

2. Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 95/46 und Art. 9 Abs. 1 der Verordnung 2016/679 sind dahin auszulegen, dass die Veröffentlichung personenbezogener Daten, die geeignet sind, die sexuelle Orientierung einer natürlichen Person indirekt zu offenbaren, auf der Website der Behörde, die für die Entgegennahme und die inhaltliche Kontrolle von Erklärungen über private Interessen zuständig ist, eine Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne dieser Bestimmungen darstellt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Vilniaus apygardos administracinis teismas (Regionalverwaltungsgericht Vilnius, Litauen) mit Entscheidung vom 31. März 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 28. April 2020, in dem Verfahren

OT

gegen

Vyriausioji tarnybinės etikos komisija,

Beteiligter:

Fondas „Nevyriausybiniu organizaciju informacijos ir paramos centras”,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Vizepräsidenten L. Bay Larsen, des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, der Kammerpräsidentinnen A. Prechal und K. Jürimäe, der Kammerpräsidenten C. Lycourgos und N. Jääskinen, der Kammerpräsidentin I. Ziemele, des Kammerpräsidenten J. Passer sowie der Richter M. Ilešič (Berichterstatter), J.-C. Bonichot, A. Kumin und N. Wahl,

Generalanwalt: P. Pikamäe,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der litauischen Regierung, vertreten durch K. Dieninis und V. Vasiliauskienė als Bevollmächtigte,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von M. Russo, Avvocato dello Stato,
  • der finnischen Regierung, vertreten durch M. Pere als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch S. L. Kalėda, H. Kranenborg und D. Nardi als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 9. Dezember 2021

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e und Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. 2016, L 119, S. 1, im Folgenden: DSGVO).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen OT und der Vyriausioji tarnybinės etikos komisija (Oberste Kommission für Dienstethik, Litauen) (im Folgenden: Oberste Ethikkommission) wegen einer Entscheidung der Obersten Ethikkommission, mit der festgestellt...

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