Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorabentscheidungsersuchen. Verbraucherverträge. Hypothekendarlehensvertrag. Missbräuchliche Klauseln. Hypothekenvollstreckungsverfahren. Recht zur Einlegung eines Rechtsbehelfs

 

Normenkette

Richtlinie 93/13/EWG Art. 7; Charta der Grundrehte der Europäishen Union Art. 47

 

Beteiligte

Sánchez Morcillo und Abril García

Juan Carlos Sánchez Morcillo

María del Carmen Abril García

Banco Bilbao Vizcaya Argentaria SA

 

Tenor

Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ist in Verbindung mit Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass er einer Regelung des Zwangsvollstreckungsverfahrens wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, die vorsieht, dass das Erkenntnisgericht ein Hypothekenvollstreckungsverfahren nicht auszusetzen, sondern in seiner Endentscheidung allenfalls eine Entschädigung zum Ausgleich des dem Verbraucher entstandenen Schadens zu gewähren vermag, wobei dieser als Vollstreckungsschuldner kein Rechtsmittel gegen die Entscheidung einlegen kann, mit der sein Einspruch gegen die Vollstreckung zurückgewiesen wird, wohingegen der Gewerbetreibende als Vollstreckungsgläubiger ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung einlegen kann, mit der die Einstellung des Verfahrens angeordnet oder eine missbräuchliche Klausel für nicht anwendbar erklärt wird.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Audiencia Provincial de Castellón (Spanien) mit Entscheidung vom 2. April 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 7. April 2014, in dem Verfahren

Juan Carlos Sánchez Morcillo,

María del Carmen Abril García

gegen

Banco Bilbao Vizcaya Argentaria SA

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, des Richters E. Levits (Berichterstatter), der Richterin M. Berger sowie der Richter S. Rodin und F. Biltgen,

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juni 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn Sánchez Morcillo und Frau Abril García, vertreten durch P. Medina Aina, procurador de los tribunales, und P.-J. Bastida Vidal, abogado,
  • der Banco Bilbao Vizcaya Argentaria SA, vertreten durch B. García Gómez und J. Rodríguez Cárcamo, abogados,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch S. Centeno Huerta und A. Rubio González als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Owsiany-Hornung, É. Gippini Fournier und M. van Beek als Bevollmächtigte,

nach Anhörung des Generalanwalts

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 7 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95, S. 29) und von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Sánchez Morcillo und Frau Abril García auf der einen Seite und der Banco Bilbao Vizcaya Argentaria SA (im Folgenden: Banco Bilbao) auf der anderen Seite wegen ihres Einspruchs gegen die Zwangsvollstreckung in die auf ihrer Wohnung lastende Hypothek.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Im neunten Erwägungsgrund der Richtlinie 93/13 heißt es:

„… Käufer von Waren oder Dienstleistungen [sind] vor Machtmissbrauch des Verkäufers oder des Dienstleistungserbringers … zu schützen.”

Rz. 4

Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie lautet:

„Zweck dieser Richtlinie ist die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über missbräuchliche Klauseln in Verträgen zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern.”

Rz. 5

Art. 3 der Richtlinie bestimmt:

„(1) Eine Vertragsklausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde, ist als missbräuchlich anzusehen, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht.

(2) Eine Vertragsklausel ist immer dann als nicht im Einzelnen ausgehandelt zu betrachten, wenn sie im Voraus abgefasst wurde und der Verbraucher deshalb, insbesondere im Rahmen eines vorformulierten Standardvertrags, keinen Einfluss auf ihren Inhalt nehmen konnte.

(3) Der Anhang enthält eine als Hinweis dienende und nicht erschöpfende Liste der Klauseln, die für missbräuchlich erklärt werden können.”

Rz. 6

Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass im Interesse der Verbraucher und der gewerbetreibenden Wettbewerber angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt wird.”

Rz. 7

Die Klauseln gemäß Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie sind in deren Anhang aufgeführt. Zu ihnen gehören u. a. folgende Klauseln:

  1. „Klaus...

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