Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Urteil des Gerichtshofs, durch das eine Vertragsverletzung festgestellt wird. Nichtdurchführung. Art. 228 EG. Maßnahmen, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofs ergeben. Kündigung eines Vertrags

 

Beteiligte

Kommission / Deutschland

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Bundesrepublik Deutschland

 

Tenor

1. Die Bundesrepublik Deutschland hat gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 228 EG verstoßen, indem sie bei Ablauf der von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften gemäß dieser Vorschrift in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist nicht die Maßnahmen ergriffen hat, die sich aus dem Urteil vom 10. April 2003, Kommission/Deutschland (C-20/01 und C-28/01), in Bezug auf die Vergabe eines Müllentsorgungsvertrags durch die Stadt Braunschweig (Deutschland) ergeben.

2. Die Bundesrepublik Deutschland trägt die Kosten.

3. Die Französische Republik, das Königreich der Niederlande und die Republik Finnland tragen ihre eigenen Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 228 EG, eingereicht am 7. Dezember 2004,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch B. Schima als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch W.-D. Plessing und C. Schulze-Bahr als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt H.-J. Prieß,

Beklagte,

unterstützt durch

Französische Republik, vertreten durch G. de Bergues und J.-C. Gracia als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Königreich der Niederlande, vertreten durch H. G. Sevenster und D. J. M. de Grave als Bevollmächtigte,

Republik Finnland, vertreten durch T. Pynnä als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelfer,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans (Berichterstatter) sowie der Richter P. Kūris, K. Schiemann, J. Makarczyk und J.-C. Bonichot,

Generalanwältin: V. Trstenjak,

Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. Dezember 2006,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 28. März 2007

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 228 Abs. 1 EG verstoßen hat, indem sie nicht die Maßnahmen ergriffen hat, die sich aus dem Urteil vom 10. April 2003, Kommission/Deutschland (C-20/01 und C-28/01, Slg. 2003, I-3609), betreffend die Vergabe eines Abwasservertrags durch die Gemeinde Bockhorn (Deutschland) und eines Müllentsorgungsvertrags durch die Stadt Braunschweig (Deutschland) ergeben, und diesen Mitgliedstaat zu verurteilen, an die Kommission auf das Konto Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaft ein Zwangsgeld zu zahlen in Höhe von 31 680 Euro pro Tag des Verzugs bei der Durchführung der Maßnahmen, die erforderlich sind, um dem genannten Urteil hinsichtlich des Vertrags der Gemeinde Bockhorn, und in Höhe von 126 720 Euro pro Tag des Verzugs bei der Durchführung der Maßnahmen, die erforderlich sind, um jenem Urteil hinsichtlich des Vertrags der Stadt Braunschweig nachzukommen, und zwar jeweils von der Verkündung des vorliegenden Urteils bis zur Durchführung der Maßnahmen.

2 Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 6. Juni 2005 sind die Französische Republik, das Königreich der Niederlande und die Republik Finnland als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Bundesrepublik Deutschland zugelassen worden.

Rechtlicher Rahmen

3 Art. 2 Abs. 6 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge (ABl. L 395, S. 33) bestimmt:

„Die Wirkungen der Ausübung der in Absatz 1 genannten Befugnisse auf den nach Zuschlagserteilung des Auftrags geschlossenen Vertrag richten sich nach dem einzelstaatlichen Recht.

Abgesehen von dem Fall, in dem eine Entscheidung vor Zuerkennung von Schadensersatz aufgehoben werden muss, kann ein Mitgliedstaat ferner vorsehen, dass nach dem Vertragsschluss im Anschluss an die Zuschlagserteilung die Befugnisse der Nachprüfungsinstanz darauf beschränkt werden, einer durch einen Rechtsverstoß geschädigten Person Schadensersatz zuzuerkennen.”

4 Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 89/665 lautet:

„Die Kommission kann das in diesem Artikel vorgesehene Verfahren anwenden, wenn sie vor Abschluss eines Vertrages zu der Auffassung gelangt, dass bei einem Vergabeverfahren im Sinne der Richtlinien 71/305/EWG und 77/62/EWG ein klarer und eindeutiger Verstoß gegen die Gemeinschaftsvorschriften für das öffentliche Auftragswesen vorliegt.”

Das genannte Urteil Kommission/Deutschland

5 Der Gerichtshof hat in den Nrn. 1 und 2 des Tenors des oben genannten Urteils Kommission/Deutschland für Recht erka...

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