Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Soziale Sicherheit. Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit. Sachlicher Geltungsbereich. Leistung bei Alter. Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Europäischen Union. Gleichbehandlung von inländischen Arbeitnehmern und Wanderarbeitnehmern. Soziale Vergünstigungen. Gesetzgebung eines Mitgliedstaats, die die Gewährung einer ‚Zusatzleistung für Sportler’ den Bürgern dieses Staates vorbehält

 

Normenkette

EGV 883/2004 Art. 3; Verordnung (EU) Nr. 492/2011 Art. 7

 

Beteiligte

Generálny riaditeľ Sociálnej poisťovne Bratislava

UB

Generálny riaditeľ Sociálnej poisťovne Bratislava

 

Tenor

1. Art. 3 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit ist dahin auszulegen, dass eine an bestimmte Spitzensportler, die einen Mitgliedstaat oder seine Rechtsvorgänger bei internationalen Sportveranstaltungen vertreten haben, gezahlte Zusatzleistung nicht unter den Begriff „Leistung bei Alter” im Sinne dieser Bestimmung fällt und daher vom Geltungsbereich dieser Verordnung ausgeschlossen ist.

2. Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, die die Gewährung einer Zusatzleistung für bestimmte Spitzensportler, die diesen Mitgliedstaat oder seine Rechtsvorgänger bei internationalen Sportveranstaltungen vertreten haben, u. a. davon abhängig macht, dass der Antragsteller die Staatsangehörigkeit dieses Mitgliedstaats besitzt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Najvyšší súd Slovenskej republiky (Oberstes Gericht der Slowakischen Republik) mit Entscheidung vom 29. Mai 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 9. Juli 2018, in dem Verfahren

UB

gegen

Generálny riaditeľ Sociálnej poisťovne Bratislava

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal, des Präsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts, der Vizepräsidentin des Gerichtshofs R. Silva de Lapuerta, beide in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters bzw. einer Richterin der Dritten Kammer, der Richterin L. S. Rossi (Berichterstatterin) und des Richters F. Biltgen,

Generalanwalt: E. Tanchev,

Kanzler: M. Aleksejev, Referatsleiter,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. Mai 2019,

aufgrund der schriftlichen Erklärungen

  • der slowakischen Regierung, vertreten durch B. Ricziová und M. Kianička als Bevollmächtigte,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Pavliš, J. Vláčil und L. Dvořáková als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Martin, A. Tokár und B.-R. Killmann als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 11. Juli 2019

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Buchst. w und der Art. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. 2004, L 166, S. 1, berichtigt im ABl. 2004, L 200, S. 1) sowie von Art. 34 Abs. 1 und 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen UB und dem Generálny riaditeľ Sociálnej poisťovne Bratislava (Generaldirektor der Sozialversicherung Bratislava, Slowakei) über die Rechtmäßigkeit der Entscheidung, UB die Gewährung einer Zusatzleistung für bestimmte Spitzensportler zu verweigern.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 1 „Definitionen”) der Verordnung Nr. 883/2004 sieht vor:

„Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:

w) ‚Renten’ nicht nur Renten im engeren Sinn, sondern auch Kapitalabfindungen, die an deren Stelle treten können, und Beitragserstattungen sowie, soweit Titel III nichts anderes bestimmt, Anpassungsbeträge und Zulagen;

…”

Rz. 4

Art. 3 „Sachlicher Geltungsbereich”) der Verordnung Nr. 883/2004 bestimmt:

„(1) Diese Verordnung gilt für alle Rechtsvorschriften, die folgende Zweige der sozialen Sicherheit betreffen:

  1. Leistungen bei Krankheit;
  2. Leistungen bei Mutterschaft und gleichgestellte Leistungen bei Vaterschaft;
  3. Leistungen bei Invalidität;
  4. Leistungen bei Alter;
  5. Leistungen an Hinterbliebene;
  6. Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten;
  7. Sterbegeld;
  8. Leistungen bei Arbeitslosigkeit;
  9. Vorruhestandsleistungen;
  10. Familienleistungen.

(3) Diese Verordnung gilt auch für die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen gemäß Artikel 70.

…”

Rz. 5

Art. 4 „Gleichbehandlung”) der Verordnung Nr. 883/2004 bestimmt:

„Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, haben Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedsta...

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