Entscheidungsstichwort (Thema)

Richtlinie 2001/83/EG. Art. 94. Finanzielle Anreize für Arztpraxen, die ihren Patienten bestimmte Arzneimittel verschreiben. Staatliche Gesundheitsbehörden. Ärzte. Verschreibungsfreiheit

 

Beteiligte

Association of the British Pharmaceutical Industry

The Queen

Association of the British Pharmaceutical Industry

Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency

 

Tenor

Art. 94 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der durch die Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er Regelungen finanzieller Anreize wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegensteht, die von den nationalen Gesundheitsbehörden angewandt werden, um ihre Ausgaben in diesem Bereich zu senken und die Ärzte bei der Behandlung bestimmter Krankheiten dazu zu bewegen, bestimmte bezeichnete Arzneimittel zu verschreiben, die einen anderen Wirkstoff enthalten als das Arzneimittel, das zuvor verschrieben wurde oder das ohne die Anreizregelung möglicherweise verschrieben worden wäre.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom High Court of Justice (England & Wales), Queen's Bench Division (Administrative Court) (Vereinigtes Königreich), mit Entscheidung vom 4. November 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 13. Februar 2009, in dem Verfahren

The Queen, auf Antrag der

Association of the British Pharmaceutical Industry

gegen

Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency,

Beteiligte:

The NHS Confederation (Employers) Company Ltd,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) sowie der Richter K. Schiemann, P. Kūris und L. Bay Larsen,

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. Dezember 2009,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Association of the British Pharmaceutical Industry, vertreten durch T. de la Mare, Barrister, beauftragt von A. Brown, I. Dodds-Smith und S. Samaratunga, Solicitors,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch L. Seeboruth als Bevollmächtigten im Beistand von J. Coppel, Barrister,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek als Bevollmächtigten,
  • der estnischen Regierung, vertreten durch L. Uibo als Bevollmächtigten,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch J. López-Medel Bascones als Bevollmächtigten,
  • der französischen Regierung, vertreten durch B. Messmer und R. Loosli-Surrans als Bevollmächtigte,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch C. Wissels und B. Koopman als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch P. Oliver und M. Šimerdová als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 11. Februar 2010

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Art. 94 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311, S. 67) in der durch die Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 (ABl. L 136, S. 34) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2001/83).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Association of the British Pharmaceutical Industry (im Folgenden: ABPI) und der Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency (im Folgenden: MHPR), einer dem Department of Health (Gesundheitsministerium) unterstehenden Exekutivbehörde, über die Rechtmäßigkeit der von der MHPR vertretenen Auffassung, wonach Art. 94 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83 auf Regelungen finanzieller Anreize keine Anwendung findet, die die staatlichen Behörden für die Verschreibung bestimmter bezeichneter Arzneimittel geschaffen haben.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 2, 47, 50 und 52 der Richtlinie 2001/83 lauten:

„(2) Alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf dem Gebiet der Herstellung, des Vertriebs oder der Verwendung von Arzneimitteln müssen in erster Linie einen wirksamen Schutz der öffentlichen Gesundheit gewährleisten.

(47) Die Arzneimittelwerbung bei Personen, die zur Verschreibung oder Abgabe von Arzneimitteln berechtigt sind, trägt zu deren Information bei. Diese Werbung ist jedoch strengen Voraussetzungen und einer wirksamen Kontrolle zu unterwerfen, wobei insbesondere den im Rahmen des Europarats durchgeführten Arbeiten Rechnung zu tragen ist.

(50) Die zur Verschreibung von Arzneimitteln berechtigten Personen müssen ihre Aufgabe absolut objektiv erfüllen können, ohne direkten oder indirekten finanziellen Anreizen ausgesetzt zu sein.

(52) Die zur Verschreibung oder Abgabe von Arzneimitteln berechtigten Person...

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