Entscheidungsstichwort (Thema)

Verordnung (EG) Nr. 44/2001. Kapitel II Abschnitt 5. Zuständigkeit für individuelle Arbeitsverträge. Kapitel II Abschnitt 2. Besondere Zuständigkeiten. Art. 6 Nr. 1. Mehrere Beklagte

 

Beteiligte

Glaxosmithkline und Laboratoires Glaxosmithkline

Glaxosmithkline

Laboratoires Glaxosmithkline

Jean-Pierre Rouard

 

Tenor

Die in Art. 6 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vorgesehene besondere Zuständigkeitsvorschrift kann nicht auf einen Rechtsstreit angewandt werden, der unter das die Zuständigkeitsvorschriften für individuelle Arbeitsverträge betreffende Kapitel II Abschnitt 5 der Verordnung fällt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht von der Cour de cassation (Frankreich) mit Entscheidung vom 7. November 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 20. November 2006, in dem Verfahren

Glaxosmithkline,

Laboratoires Glaxosmithkline

gegen

Jean-Pierre Rouard

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann (Berichterstatter) sowie der Richter A. Tizzano, A. Borg Barthet, M. Ilešič und E. Levits,

Generalanwalt: M. Poiares Maduro,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. November 2007,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Glaxosmithkline und Laboratoires Glaxosmithkline, vertreten durch B. Soltner, avocat,
  • von Herrn Rouard, vertreten durch C. Waquet, avocat,
  • der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und A.-L. During als Bevollmächtigte,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma als Bevollmächtigten,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von W. Ferrante, avvocato dello Stato,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch Z. Bryanston-Cross als Bevollmächtigte im Beistand von A. Howard, Barrister,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch A.-M. Rouchaud-Joët als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 17. Januar 2008

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 6 Nr. 1 und Kapitel II Abschnitt 5 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1, im Folgenden: Verordnung).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Rouard und den Gesellschaften Glaxosmithkline mit Sitz im Vereinigten Königreich und Laboratoires Glaxosmithkline mit Sitz in Frankreich, die Herr Rouard aufgrund einer Klausel in seinem Arbeitsvertrag als seine gemeinsamen früheren Arbeitgeber ansieht und von denen er die Zahlung verschiedener Beträge als Kündigungsabfindung und als Schadensersatz wegen ungerechtfertigter Kündigung verlangt.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 3

Kapitel II Abschnitt 1 der Verordnung mit der Überschrift „Allgemeine Vorschriften” enthält Art. 2, dessen Abs. 1 vorsieht:

„Vorbehaltlich der Vorschriften dieser Verordnung sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen.”

Rz. 4

Art. 6 der Verordnung in Kapitel II Abschnitt 2 mit der Überschrift „Besondere Zuständigkeiten” bestimmt:

„Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, kann auch verklagt werden:

1. wenn mehrere Personen zusammen verklagt werden, vor dem Gericht des Ortes, an dem einer der Beklagten seinen Wohnsitz hat, sofern zwischen den Klagen eine so enge Beziehung gegeben ist, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheint, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren widersprechende Entscheidungen ergehen könnten;

3. wenn es sich um eine Widerklage handelt, die auf denselben Vertrag oder Sachverhalt wie die Klage selbst gestützt wird, vor dem Gericht, bei dem die Klage selbst anhängig ist;

…”

Rz. 5

Zu den Zielen der Verordnung heißt es im 13. Erwägungsgrund:

„Bei Versicherungs-, Verbraucher- und Arbeitssachen sollte die schwächere Partei durch Zuständigkeitsvorschriften geschützt werden, die für sie günstiger sind als die allgemeine Regelung.”

Rz. 6

Kapitel II Abschnitt 5 der Verordnung mit der Überschrift „Zuständigkeit für individuelle Arbeitsverträge” enthält u. a. die folgenden Bestimmungen:

„Artikel 18

(1) Bilden ein individueller Arbeitsvertrag oder Ansprüche aus einem individuellen Arbeitsvertrag den Gegenstand des Verfahrens, so bestimmt sich die Zuständigkeit unbeschadet des Artikels 4 und des Artikels 5 Nummer 5 nach diesem Abschnitt.

Artikel 19

Ein Arbeitgeber, der seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, kann verklagt werden:

  1. vor den Gerichten des Mit...

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