Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Richtlinie 1999/95/EG. Arbeitszeitregelung für Seeleute an Bord von Schiffen. Nichtumsetzung innerhalb der vorgeschriebenen Frist

 

Beteiligte

Kommission / Italien

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Italienische Republik

 

Tenor

1. Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 1999/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 1999 zur Durchsetzung der Arbeitszeitregelung für Seeleute an Bord von Schiffen, die Gemeinschaftshäfen anlaufen, verstoßen, dass sie nicht die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um den Artikeln 3 bis 7, 8 Absatz 2 und 9 dieser Richtlinie nachzukommen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Italienische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

In der Rechtssache C-410/03

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG, eingereicht am 1. Oktober 2003,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch K. Banks und K. Simonsson als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Italienische Republik, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von A. Cingolo, avvocato dello Stato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts sowie der Richterin N. Colneric (Berichterstatterin) und des Richters J. N. Cunha Rodrigues,

Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 1999/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 1999 zur Durchsetzung der Arbeitszeitregelung für Seeleute an Bord von Schiffen, die Gemeinschaftshäfen anlaufen (ABl. 2000, L 14, S. 29), verstoßen hat, dass sie die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie nachzukommen, nicht erlassen oder der Kommission nicht mitgeteilt hat.

2 Die Italienische Republik beantragt, die Klage der Kommission als unbegründet abzuweisen.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3 Die Richtlinie 1999/63/EG des Rates vom 21. Juni 1999 zu der vom Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (European Community Shipowners' Association ECSA) und dem Verband der Verkehrsgewerkschaften in der Europäischen Union (Federation of Transport Workers' Unions in the European Union FST) getroffenen Vereinbarung über die Regelung der Arbeitszeit von Seeleuten (ABl. L 167, S. 33) dient zur Umsetzung der genannten, im Anhang dieser Richtlinie enthaltenen Vereinbarung (im Folgenden: Vereinbarung), die auf Bestimmungen des am 22. Oktober 1996 angenommenen Übereinkommens Nr. 180 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über die Arbeitszeit der Seeleute und die Besatzungsstärke der Schiffe zurückgeht.

4 Paragraph 4 der Vereinbarung bestimmt:

„Unbeschadet der Bestimmungen von Paragraph 5 wird bei der Festlegung der normalen Arbeitszeit für Seeleute grundsätzlich ein Achtstundentag und ein wöchentlicher Ruhetag sowie Arbeitsruhe an Feiertagen zugrunde gelegt. Die Mitgliedstaaten können jedoch Verfahren zur Genehmigung oder Registrierung eines Tarifvertrags annehmen, der die normale Arbeitszeit der Seeleute auf einer Grundlage festlegt, die nicht weniger günstig ist als diese Norm.”

5 Paragraph 5 der Vereinbarung sieht vor:

  1. „Die Arbeits- oder Ruhezeiten haben folgenden Beschränkungen zu unterliegen:

    1. Die Höchstarbeitszeit darf nicht überschreiten:

      i) 14 Stunden in jedem Zeitraum von 24 Stunden und

      ii) 72 Stunden in jedem Zeitraum von 7 Tagen;

      oder

    2. die Mindestruhezeit darf nicht unterschreiten:

      i) 10 Stunden in jedem Zeitraum von 24 Stunden und

      ii) 77 Stunden in jedem Zeitraum von 7 Tagen.

  2. Die Ruhezeit kann in höchstens zwei Zeiträume aufgeteilt werden, von denen einer eine Mindestdauer von 6 Stunden haben muss; der Zeitraum zwischen zwei aufeinander folgenden Ruhezeiten darf 14 Stunden nicht überschreiten.
  3. Musterungen, Feuerlösch- und Rettungsbootübungen sowie durch nationale Rechts- und Verwaltungsvorschriften und internationale Übereinkünfte vorgeschriebene Übungen sind in einer Weise durchzuführen, die die Störung der Ruhezeiten auf ein Mindestmaß beschränkt und keine Müdigkeit verursacht.
  4. Bei Bereitschaftsdienst – wenn z. B. ein Maschinenraum unbesetzt ist – ist dem Seemann eine angemessene Ruhezeit als Ausgleich zu gewähren, sofern die normale Ruhezeit durch Aufrufe zur Arbeit gestört wird.
  5. Falls kein Tarifvertrag oder Schiedsspruch vorliegt oder falls die zuständige Stelle feststellt, dass die Bestimmungen des Tarifvertrags oder Schiedsspruchs in Bezug auf die Nummer 3 oder 4 unzureichend sind, hat die zuständige Stelle ...

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