Entscheidungsstichwort (Thema)

Umwelt. Verbringung bestimmter Abfälle. Zwingende Informationen. Identität des Abfallerzeugers. Nichtangabe durch den Streckenhändler. Schutz von Geschäftsgeheimnissen

 

Normenkette

Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 Art. 18 Abs. 4

 

Beteiligte

Interseroh Scrap and Metals Trading

Interseroh Scrap and Metals Trading GmbH

Sonderabfall-Management-Gesellschaft Rheinland-Pfalz mbH (SAM)

 

Tenor

1. Art. 18 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen in der durch die Verordnung (EG) Nr. 308/2009 der Kommission vom 15. April 2009 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er einem Streckenhändler, der eine Verbringung von Abfällen veranlasst, nicht erlaubt, dem Empfänger der Lieferung nicht – wie in Art. 18 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang VII der Verordnung Nr. 1013/2006 in der durch die Verordnung Nr. 308/2009 geänderten Fassung vorgesehen – die Identität des Abfallerzeugers offenzulegen, auch wenn die Nichtoffenlegung zum Schutz der Geschäftsgeheimnisse des Streckenhändlers erforderlich wäre.

2. Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1013/2006 in der durch die Verordnung Nr. 308/2009 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er einen Streckenhändler im Kontext einer unter diese Bestimmung fallenden Abfallverbringung verpflichtet, Feld 6 des Dokuments nach Anhang VII der Verordnung Nr. 1013/2006 in der durch die Verordnung Nr. 308/2009 geänderten Fassung auszufüllen und das Dokument dem Empfänger zu übermitteln, ohne dass der Umfang dieser Verpflichtung durch ein Recht auf Schutz von Geschäftsgeheimnissen eingeschränkt werden kann.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verwaltungsgericht Mainz (Deutschland) mit Entscheidung vom 26. November 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 3. Januar 2011, in dem Verfahren

Interseroh Scrap and Metals Trading GmbH

gegen

Sonderabfall-Management-Gesellschaft Rheinland-Pfalz mbH (SAM)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Richterin A. Prechal, der Richter K. Schiemann (Berichterstatter) und L. Bay Larsen sowie der Richterin C. Toader,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. Oktober 2011,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Interseroh Scrap and Metals Trading GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt A. Oexle,
  • der Sonderabfall-Management-Gesellschaft Rheinland-Pfalz mbH (SAM), vertreten durch Rechtsanwalt C. v. der Lühe,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch M. Jacobs und T. Materne als Bevollmächtigte,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Fernandes und M. João Lois als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Wilms und A. Marghelis als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 8. Dezember 2011

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen (ABl. L 190, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 308/2009 der Kommission vom 15. April 2009 (ABl. L 97, S. 8) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1013/2006).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen einer Klage, die die auf den Handel mit Stahl- und Metallschrott spezialisierte Interseroh Scrap and Metals Trading GmbH (im Folgenden: Interseroh) gegen die vom Land Rheinland-Pfalz insbesondere mit der Überwachung der Sonderabfallströme in diesem Land beauftragte Sonderabfall-Management-Gesellschaft Rheinland-Pfalz mbH (SAM) (im Folgenden: SAM) wegen der Angaben erhoben hat, die in dem Dokument nach Anhang VII der Verordnung Nr. 1013/2006 (im Folgenden: Verbringungsdokument) zu machen sind.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Im siebten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1013/2006 wird darauf hingewiesen, dass die Überwachung und die Kontrolle der Verbringung von Abfällen so organisiert und geregelt werden müssen, dass der Notwendigkeit, die Qualität der Umwelt und der menschlichen Gesundheit zu erhalten, zu schützen und zu verbessern, Rechnung getragen und eine unionsweit einheitlichere Anwendung der Verordnung gefördert wird.

Rz. 4

Nach dem 15. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1013/2006 ist es im Fall von Verbringungen von zur Verwertung bestimmten Abfällen, die in den Anhängen III, IIIA oder IIIB der Verordnung aufgeführt sind, zweckmäßig, ein Mindestmaß an Überwachung und Kontrolle sicherzustellen, indem vorgeschrieben wird, dass bei solchen Verbringungen bestimmte Informationen mitzuführen sind.

Rz. 5

Nach Art. 1 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1013/2006 werden in dieser Verordnung Verfahren und Kontrollregelungen für die Verbringung von Abfällen festgelegt, d...

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