Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Begriff ‚Versicherungsvermittlung’. Begriff ‚Anlageberatung’. Beratungsleistungen, die während einer Versicherungsvermittlung erbracht werden und die Anlage von Kapital im Zusammenhang mit einer Kapitallebensversicherung zum Gegenstand haben. Beurteilung der Tätigkeit eines Versicherungsvermittlers, der nicht die Absicht hat, einen tatsächlichen Versicherungsvertrag abzuschließen

 

Normenkette

Richtlinie 2002/92/EG; Richtlinie 2004/39/EG

 

Beteiligte

Länsförsäkringar Sak Försäkringsaktiebolag u.a

Länsförsäkringar Sak Försäkringsaktiebolag

Jan-Erik Strobel u. a

Lisa Bergström u. a

Ann-Christin Jönsson u. a

Daniel Röme u. a

Länsförsäkringar Sak Försäkringsaktiebolag

Dödsboet efter Ingvar Mattsson

 

Tenor

1. Art. 2 Nr. 3 der Richtlinie 2002/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Dezember 2002 über Versicherungsvermittlung ist dahin auszulegen, dass die den Abschluss eines Versicherungsvertrags betreffenden Vorbereitungsarbeiten auch dann unter den Begriff „Versicherungsvermittlung” fallen, wenn der betreffende Versicherungsvermittler nicht die Absicht hat, einen tatsächlichen Versicherungsvertrag abzuschließen.

2. Die Finanzberatung in Bezug auf die Anlage von Kapital, die im Rahmen einer auf den Abschluss einer Kapitallebensversicherung gerichteten Versicherungsvermittlung erbracht wird, fällt unter die Richtlinie 2002/92 und nicht unter die Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Högsta domstol (Oberster Gerichtshof, Schweden) mit Entscheidung vom 18. Oktober 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 26. Oktober 2016, in dem Verfahren

Länsförsäkringar Sak Försäkringsaktiebolag

gegen

Dödsboet efter Ingvar Mattsson

und

Jan-Erik Strobel u. a.,

Lisa Bergström u. a.,

Ann-Christin Jönsson u. a.,

Daniel Röme u. a.

gegen

Länsförsäkringar Sak Försäkringsaktiebolag

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz, der Richter C. Vajda (Berichterstatter) und E. Juhász, der Richterin K. Jürimäe sowie des Richters C. Lycourgos,

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: R. Schiano, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. September 2017,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Länsförsäkringar Sak Försäkringsaktiebolag, vertreten durch P. Sjödin und K. Blomkvist, advokater, sowie A. Martin, C. Waering und P. Öhrn, jurister,
  • von Herrn Strobel u. a., vertreten durch J. Larsson, advokat,
  • von Frau Bergström u. a., vertreten durch L. Bengtsson, A. Elison und C. Kronström, advokater,
  • von Frau Jönsson u. a., vertreten durch H. Asklund, advokat,
  • von Herrn Röme u. a., vertreten durch T. Eliasson, advokat,
  • der schwedischen Regierung, vertreten durch H. Shev, C. Meyer-Seitz, A. Falk, L. Swedenborg und F. Bergius als Bevollmächtigte,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, O. Serdula und J. Vláčil als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch K.-P. Wojcik und K. Simonsson als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 21. November 2017

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2002/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Dezember 2002 über Versicherungsvermittlung (ABl. 2003, L 9, S. 3).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines zwei Rechtssachen umfassenden Rechtsstreits zwischen zum einen der Länsförsäkringar Sak Försäkringsaktiebolag (einer Versicherungsgesellschaft, im Folgenden: Länsförsäkringar) und Dödsboet efter Ingvar Mattsson (Nachlass von Ingvar Mattsson) und zum anderen Herrn Jan-Erik Strobel u. a., Frau Lisa Bergström u. a., Frau Ann-Christin Jönsson u. a. sowie Herrn Daniel Röme u. a. (im Folgenden zusammen: Herr Strobel u. a.) und Länsförsäkringar wegen des Verlusts von Beträgen, die im Rahmen von bei Versicherungsvermittlungsgesellschaften abgeschlossenen Kapitallebensversicherungen in Finanzinstrumente investiert wurden, wobei die vermittelnden Gesellschaften ihrerseits bei Länsförsäkringar eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hatten.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 2002/92

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 8, 9 und 17 der Richtlinie 2002/92 lauten:

„(8) Die Koordinierung der einzelstaatlichen Vorschriften über die beruflichen Anforderungen, die an Personen zu stellen sind, welche die Tätigkeit der Versicherungsvermittlung aufnehmen und ausüben, und über die Eintragung dieser Personen kann daher sowohl zur Vollendung des Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen als auch zur Verbesserung des Verbraucherschutzes in diesem Bereich bei...

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