Entscheidungsstichwort (Thema)

Fürsorgepflicht der DB AG gegenüber Beamten schließt Umsetzungen an anderen Orten nicht aus

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Deutsche Bahn AG und ihre Tochtergesellschaften haben bei der Umsetzung der ihnen zugewiesenen Beamten an einen anderen Dienstort die mit der Wahrung der Rechtsstellung der Beamten (Art. 143 a Abs. 1 S. 3 GG) verbundene Fürsorgepflicht zu beachten. Deren Einhaltung hat das Bundeseisenbahnvermögen notfalls im Wege der Rechtsaufsicht nach § 13 DBGrG durchzusetzen.

2. Aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles, insbesondere wenn die Umsetzung außergewöhnlich belastend auf besonders geschützte grundrechtliche Positionen wirkt, kann die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht dazu verpflichten, von der beabsichtigten Umsetzung auch dann abzusehen, wenn für den Beamten in der Gesellschaft der DB AG, der er zugewiesen ist, selbst kein geeigneter alternativer Dienstposten zur Verfügung steht. Eine Verpflichtung, einen geeigneten Dienstposten zu schaffen, besteht nicht.

 

Verfahrensgang

VG Hamburg (Beschluss vom 26.05.2004)

 

Tenor

Auf die Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 26. Mai 2004 geändert.

Die Anträge, die aufschiebende Wirkung des Widerspruches gegen die Umsetzung/Versetzung der Antragstellerin nach A … anzuordnen bzw. wieder herzustellen und die Beigeladene zu verpflichten, die Antragstellerin zu amtsangemessener Dienstausübung am Dienstort B … einer Niederlassung der DB AG bzw. einer Konzern AG zuzuweisen, werden abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.000,– Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

I. Die Antragstellerin ist eine mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit teilzeitbeschäftigte Bahnobersekretärin, die als ehemalige Beamtin der Deutschen Bundesbahn seit Mai 2001 der beigeladenen DB Dialog GmbH zugewiesen ist. Im Zuge von Rationalisierungsmaßnahmen wurden Standorte der DB Dialog GmbH zusammengelegt und der Standort B… geschlossen. Mit Schreiben vom 25. Februar 2004 „versetzte” die Beigeladene die Antragstellerin, die verheiratet ist und mit ihrer Familie in … lebt, von B… an den neuen Dienstort A… Dagegen erhob die Antragstellerin Widerspruch. Ihrem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hat das Verwaltungsgericht statt gegeben.

 

Entscheidungsgründe

II. Die zulässigen Beschwerden der Antragsgegnerin und Beigeladenen haben im Ergebnis Erfolg.

1.) Zutreffend und mit zutreffender Begründung, auf die vollen Umfangs verwiesen wird, hat das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts die von der Beigeladenen teilweise als Versetzung, teilweise als Umsetzung bezeichnete Maßnahme rechtlich als Umsetzung qualifiziert, gegen die vorläufiger Rechtsschutz nur im Wege einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO möglich ist.

2.) Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Antragsgegnerin und der Beigeladenen, letzterer im Rahmen der ihr zur Ausübung übertragenen Kompetenzen des Dienstherrn, bei der Umsetzungsentscheidung ein weiter Ermessensspielraum zusteht und der Beamte gegen eine Umsetzung in geringerem Maß rechtlich geschützt ist, als bei einer Versetzung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.6. 1997, 2B 123/96, zit. nach Juris). Ein dienstliches Bedürfnis ist für die Umsetzung anders als für eine Versetzung nicht erforderlich, es reicht jeder sachliche Grund. Ebenso ist dem Verwaltungsgericht grundsätzlich darin zuzustimmen, dass die Schutzwirkung des Art. 143 a Abs. 1 Satz 3 GG (Wahrung der Rechtsstellung der Beamten der Bundeseisenbahnen bei Zuweisung zur Dienstleistung an eine privatrechtlich organisierte Eisenbahn des Bundes) nicht nur die Wahrung des statusrechtlichen Amtes des Beamten beinhaltet, sondern mit der Wahrung der Rechtsstellung der Beamtenauch die Verpflichtung des Bundeseisenbahnvermögens als Dienstherrn und, soweit Dienstherrnbefugnisse zur Ausübung übertragen wurden, der DB AG und ihrer ausgegliederten Gesellschaften besteht, die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht ernsthaft wahrzunehmen (vgl. zur Schutzfunktion des Art. 143 a Abs. 1 Satz 3 GG insbesondere Wolff, ArchÖR 2002, 72). Im Rahmen einer Umsetzung kommt diese beamtenrechtliche Fürsorgepflicht allerdings erst dann zum Tragen, wenn besondere Umstände des Einzelfalls, insbesondere gewichtige Grundrechte des Beamten einer besonderen Berücksichtigung bedürfen und daher auch private Belange des Beamten in den Ermessenserwägungen bei der Umsetzungsentscheidung zu berücksichtigen sind. Hierzu können auch besondere Schutzbedürfnisse des Beamten aus dem von Art. 6 GG geschützten Bereich von Ehe und Familie zählen.

Entgegen der Ansicht der Beschwerde wird eine auf den besonderen Umständen des Einzelfalls beruhende beamtenrechtliche Fürsorgepflicht, die grundsätzlich im Rahmen der zur Ausübung übertragenen ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Professional enthalten. Sie wollen mehr?