Normenkette

ZPO § 286; StVG § 7 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 17 O 124/00)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten zu 2) wird das am 27.9.2000 verkündete Urteil des LG Berlin – 17 O 124/00 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges hat der Kläger zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu 1) seine eigenen außergerichtlichen Kosten zu tragen. Im Übrigen hat der Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Berufung ist begründet. Das LG hat die Beklagte zu 2) als Haftpflichtversicherer des Pkw Opel Kadett (B-…) zu Unrecht zum Ersatz von Schäden verurteilt, die dem Kläger bei einem Zusammenstoß dieses Fahrzeuges mit seinem geparkten Mercedes-Benz (B-…) am 23.10.1999 am M.-Platz in B. entstanden sind: Eine ungewöhnliche Häufung von Indizien begründet die erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Zusammenstoß verabredet worden ist, so dass das Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen war.

A. Grundsätzlich obliegt es dem Geschädigten eines Verkehrsunfalls, die Verursachung des Schadens durch das gegnerische Fahrzeug darzutun und zu beweisen (KG, Urt. v. 3.6.1996 – 12 U 2074/95; v. 17.6.1996 – 12 U 2152/95; v. 24.6.1995 – 12 U 2835/95; v. 26.7.1999 – 12 U 4832/97). Ferner hat der Geschädigte das Ausmaß des unfallbedingten Schadens darzulegen und zu beweisen.

Selbst wenn dem Geschädigten diese Beweise gelingen, entfällt eine Haftung des Schädigers, Halters des gegnerischen Fahrzeugs und des Haftpflichtversicherers, wenn in ausreichendem Maße Umstände vorliegen, die die Feststellung gestatten, dass es sich bei dem Schadensereignis um einen verabredeten Unfall gehandelt hat. In diesem Fall scheitert ein Ersatzanspruch an der Einwilligung des Geschädigten, ohne dass besonders auf § 152 VVG abzustellen wäre. Den Nachweis, dass ein vorgetäuschter Unfall vorliegt, hat grundsätzlich der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung zu führen. Doch genügt der Nachweis einer erheblichen Wahrscheinlichkeit für unredliches Verhalten. Die ungewöhnliche Häufung von Beweisanzeichen, die für eine Manipulation spricht, gestattet eine entsprechende Feststellung (§ 286 ZPO; grundlegend BGHZ 71, 339 = MDR 1979, 47 = VersR 1978, 242 = NJW 1978, 2154; VersR 1979, 514; vgl. die weiteren Nachweise in den vorzitierten Entscheidungen des Senats).

B. Unter Heranziehung dieser Grundsätze vermag der Senat das angefochtene Urteil des LG weder vom rechtlichen Ansatz her noch in der Beweiswürdigung und der Gesamtschau der Indizien zu bestätigen.

I. Das LG hat bei Abwägung der für und gegen eine Unfallmanipulation sprechenden Umstände einen zu strengen Maßstab für die Annahme eines gestellten Unfalls zugrunde gelegt.

Für eine Klageabweisung wegen Unfallmanipulation bedarf es – anders als in den Urteilsgründen auf S. 6 oben ausgeführt – keineswegs einer hinreichenden Überzeugung des Gerichts von einer Unfallabsprache unter Beteiligung des Klägers. Es genügt vielmehr eine auf eine ungewöhnliche Häufung von Beweisanzeichen gestützte erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass es sich nicht um einen „echten” Unfall gehandelt hat.

II. Eine ungewöhnliche Häufung von Beweisanzeichen deutet im vorliegenden Fall darauf hin, dass der Zusammenstoß des gestohlenen Opel Kadett mit dem geparkten Mercedes des Klägers kein Zufall war, sondern auf eine Absprache beruhte. Ansprüche gegen die Beklagten kann der Kläger deswegen aus dem Geschehen nicht herleiten.

1. Zutreffend hat das LG auf S. 6 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass Umstände des Falles auf eine Unfallmanipulation nach dem „Berliner Model” hinweisen (vgl. dazu OLG Hamm v.18.6.1996 – 27 U 41/96, OLGReport Hamm 1996, 234 = NZV 1997, 179); so fehlen insbesondere typische Reaktionsspuren des Täterfahrzeuges. In besonderer Weise für einen gestellten Unfall spricht auch, dass der Opel Kadett vom unbekannt gebliebenen Dieb zweimal gegen den geparkten Mercedes gefahren worden ist.

a) Eine mehrfache Kollision eines gestohlenen mit einem geparkten Fahrzeug deutet auf eine vorsätzliche Beschädigung hin. Es erscheint noch vorstellbar, dass ein Fahrzeugdieb aus Nervosität oder Unkenntnis des gestohlenen Fahrzeuges beim Wegfahren vom Tatort die Kontrolle über den Wagen verliert und eine Kollision mit einem am Straßenrand abgestellten Fahrzeug verursacht. Gewöhnlich wird ein Dieb nach einem solchen Unfall bemüht sein, mit oder ohne dem gestohlenen Fahrzeug das Weite zu suchen; ein Unfall zieht die besondere Aufmerksamkeit von Passanten und Anwohnern auf sich. Kommt es jedoch zu einer zweiten Kollision zwischen gestohlenem und geparktem Fahrzeug, besteht i.d.R. kein Anlass mehr, einen „Arbeitsunfall” eines Diebes zu vermuten; die Annahme liegt dann nahe, dass es um die bewusste Beschädigung des geparkten Fahrzeuges ging.

b) Die zweifache Kollision des gestohlenen Opel Kadett mit dem geparkten Mercedes, wie sie der Zeuge K. vor dem LG geschilder...

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