Leitsatz (amtlich)

1. Wird eine Dienstleistung im Internet beworben und ist die geschaltete Werbeanzeige mit einer Internetseite des Werbenden verlinkt, begründet dies einen Vertriebsweg im Sinne von § 19 Absatz 1 MarkenG.

2. Die gemäß § 19 Absatz 1 MarkenG geschuldete Auskunft über den Vertriebsweg beinhaltet nicht nur die Mitteilung, dass ein bestimmter Vertriebsweg bestanden hat, sondern auch, ab wann dies der Fall war.

3. Der Anbieter von Dienstleistungen im Sinne von § 19 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 MarkenG schuldet zwar die Auskunft über den Namen und die Anschrift des Verletzers (§ 19 Absatz 3 Nummer 1 MarkenG), nicht aber die Auskunft, wie oft die von ihm im Internet geschaltete Werbeanzeige angeklickt wurde und welches Entgelt er für das Schalten der Anzeige erhalten hat.

 

Normenkette

MarkenG § 19

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 97 O 13/18)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 14.07.2022; Aktenzeichen I ZR 121/21)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten und unter ihrer Zurückweisung im Übrigen wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 29.05.2019 - 97 O 13/18 - wie folgt teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über den Zeitpunkt, ab dem die nachstehend eingeblendete Anzeige auf der Webseite www.google.de sichtbar war:

((Abbildung))

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz haben die Klägerin 2/3 und die Beklagte 1/3 zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung in Bezug auf die Verurteilung zu Ziff. I gegen Sicherheitsleistung von 5.000,00 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet. Im Übrigen kann der jeweilige Vollstreckungsschuldner die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsschuldner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin ist Inhaberin der Marke "ALBA" (DE 2045559) mit Priorität vom 26.05.1993 und mit Schutz für die Klassen 02, 06, 19, 37, 39, 40 (Anlage K 1). Zum Schutzumfang der Marke gehören unter anderem "Entsorgung und Verwertung von Abfall (...) durch (...) Recycling." Das Zeichen "ALBA" wird von der Klägerin seit vielen Jahren für diesen Geschäftsbereich auch als Unternehmenskennzeichen genutzt.

Die Beklagte ist eine juristische Person mit Sitz in Dublin. Sie bietet in Deutschland verschiedene Werbeprogramme an. Dazu zählt insbesondere das sogenannte Ads-Programm, das vormals unter dem Namen AdWords bekannt war (im Folgenden: nur AdWords). AdWords ist ein Programm, mit dem Werbetreibende ihre Werbung auf Internetseiten schalten können, die Teil des Google-Werbenetzwerks sind. Insbesondere können Werbetreibende Anzeigen im Zusammenhang mit Suchfunktionen, zum Beispiel über die Suchmaschine unter www.google.de, schalten. Insoweit können sich Werbetreibende bei AdWords anmelden und über ihr Konto Anzeigenkampagnen erstellen und verwalten. AdWords enthält Programm-Informationen, die den AdWords-Werbetreibenden eine strukturierte und nach Themenbereichen geordnete Hilfestellung dafür bieten, ihre Werbekampagnen umzusetzen und ihre Werbung zu gestalten. Die Entscheidungen bezüglich des Inhalts der Anzeigen, der Art und des Umfangs der Anzeigen und der jeweiligen Anzeigenkampagnen sowie der Werbestrategie wird von den AdWords-Werbetreibenden getroffen. Diese bestimmen insbesondere den Text der jeweiligen Anzeige sowie die Internetseite, mit der die Anzeige verlinkt wird (sog. Zielseite oder "Landing Page"). Die Informationen gibt der Werbetreibende über die entsprechenden Online-Masken in das AdWords-Programm ein. Klickt ein Internetnutzer auf eine Anzeige, leitet sein Browser diesen auf die verlinkte Zielseite des AdWords-Werbetreibenden. Werbeschaltungen im Zusammenhang mit Suchfunktionen auf Internetseiten von Google erfolgen im sog. Google Such-Netzwerk. Gibt etwa ein Internetnutzer unter www.google.de Suchbegriffe ein, identifiziert das AdWords-System automatisch im Hinblick auf diese Suchbegriffe potentiell relevante Anzeigen. Maßgeblich sind hierfür die vom AdWords-Werbetreibenden ausgewählten Begriffe (sog. Keywords), bei deren Eingabe die Werbung angezeigt werden soll. Entspricht der eingegebene Suchbegriff einem Keyword oder ist ihm ähnlich, nimmt die jeweilige Anzeige an einer Auktion um einen Anzeigenplatz für Textanzeigen im Zusammenhang mit den natürlichen Suchergebnissen teil. In einer Auktion setzen sich Anzeigen mit den höchsten sog. Anzeigenrängen durch.

Die Klägerin ist am 29.11.2017 auf der Website www.google.de auf die im Klageantrag zu Ziff. 1a) bezeichnete AdWords-Anzeige aufmerksam geworden. Diese Anzeige war mit der Internetseite berliner-orange-entsorgung.de verlinkt, auf der Entsorgung als Dienst...

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